Missbrauchsfall in Taizé: Ordensbruder muss Dorf verlassen
Nach Missbrauchsanschuldigungen wird ein Bruder der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé das Dorf verlassen. Wie die Gemeinschaft auf ihrer Website mitteilte, hat der Prior, Frère Alois, ihn dazu aufgefordert. Er werde künftig außerhalb von Taizé leben. Wegen seines fortgeschrittenen Alters wohne aber ein Bruder bei ihm, und andere begleiteten ihn "in diesem Abschnitt seines Lebens".
Frère Alois sagt dazu: "Mir ist bewusst, wie viel wir Brüder ihm verdanken. Dies ist für uns ein tiefer Schmerz." Er hoffe aber, dass diese Entscheidung "uns – und auch ihm – hilft, diesen Weg der Wahrheit weiterzugehen".
Im Juni 2019 hatte die Gemeinschaft mehrere Anschuldigungen wegen sexueller Übergriffe auf Minderjährige offengelegt. Seitdem habe es weitere glaubhafte Aussagen gegen den betreffenden Bruder gegeben. Die Aussagen habe man den Untersuchungsbehörden weitergeleitet.
Fünf Betroffene haben sich gemeldet
2019 hieß es, dass drei Mitglieder vor Jahrzehnten Jugendliche sexuell missbraucht hätten. Demnach hatten sich fünf Betroffene an die im französischen Burgund ansässige Gemeinschaft gewandt. Es gehe um jeweils ein oder zwei Fälle sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige aus den 1950er bis 80er Jahren. Hinweise auf Vergewaltigungen bestünden nicht, sagte ein Sprecher damals. Zwei der beschuldigten Männer sind den Angaben zufolge seit mindestens 15 Jahren tot, der dritte lebte bislang weiter in Taizé.
Seit den 1970er Jahren kommen jedes Jahr Tausende Jugendliche aus Frankreich, Deutschland und ganz Europa nach Taizé. Zuletzt waren es jährlich rund 70.000. Viele nehmen für mehrere Tage oder Wochen am geistlichen Programm der Gemeinschaft teil. Neben Gebeten und Gottesdiensten steht der Austausch über religiöse Fragen im Zentrum.
Der 1944 von Frère Roger Schutz gegründeten Gemeinschaft gehören aktuell rund 100 Männer aus 25 Staaten an. Drei Viertel leben in Taizé, ein Viertel in verschiedenen kleinen Niederlassungen in Asien, Afrika und Südamerika. Leiter der ökumenischen Gemeinschaft ist seit 2005 der aus Stuttgart stammende Frère Alois Löser (65). (KNA)