Evangelische Kirche in Deutschland plant tiefgreifende Reformen
Wegen des Mitgliederrückgangs plant die evangelische Kirche weitgehende Reformen. Die Lage sei "sehr ernst, aber wir werden uns auch nicht entmutigen lassen", sagte die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Kirchenparlament soll im November über Veränderungen in der Struktur und Ausrichtung der EKD und ihrer 20 Landeskirchen entscheiden. Für alle Bereiche, in der die Kirche aktiv ist, werde eine Neukonzeptionierung vorgelegt, sagte Schwaetzer.
Die Beratung der Synode soll den Abschluss eines zweijährigen Diskussionsprozesses über Reformen in der evangelischen Kirche bilden. Eine selbst von ihr in Auftrag gegebene Prognose geht davon aus, dass sich die Zahl der Kirchenmitglieder bis zum Jahr 2060 halbiert.
"Die Corona-Krise hat offengelegt, dass die Schwäche der christlichen Kirche auch mit einer Glaubenskrise zu tun hat", sagte Schwaetzer. Zuallererst wolle die EKD mit einer "geistlichen Orientierung" dagegenwirken. Der Verlust an Mitgliedern wird sich aber auch finanziell auswirken, was sich durch die Corona-Krise noch verschärft. Schwaetzer zufolge rechnet die EKD mit einem Rückgang der Kirchensteuer um 10 bis 25 Prozent für das aktuelle Jahr.
"Entschieden wird nach Priorität"
Die Synodenpräses und frühere Bundesministerin erläuterte, dass die Reformen je nach Bereich künftig mit Einsparungen, an anderen Stellen mit Weiterführung, "an wenigen auch mit einem Aufwuchs" einhergehen sollen. "Entschieden wird nach Priorität", sagte Schwaetzer. Dafür gebe es Kriterien: die "Gemeinschaftsbildung" innerhalb der EKD, Mitgliederbindung und die öffentliche Präsenz. Wo konkret gespart werden soll, sagte Schwaetzer nicht. "Zunächst muss mit denen gesprochen werden, die von der neuen Zuordnung von Ressourcen betroffen sind", erklärte sie.
Besondere Aufmerksamkeit will die Kirche Schwaetzer zufolge künftig denjenigen schenken, die sich in kirchlichen Angeboten engagieren, aber nicht Mitglied sind, darunter Berufseinsteiger. "Mit diesen Menschen wollen wir ins Gespräch kommen und auch versuchen, sie an uns zu binden", sagte sie. Das könne geschehen durch Mitsprache und Beteiligung auch für Nicht-Mitglieder. Zur Überlegung, Berufsanfänger auch weniger Kirchensteuer zahlen zu lassen, wollte sich Schwaetzer nicht festlegen. "Das wird mit Sicherheit heiß diskutiert werden", sagte sie.
Die EKD hat im vergangenen Jahr rund zwei Prozent ihrer Mitglieder verloren. Wie aus der am Freitag in Hannover veröffentlichten Kirchenstatistik hervorgeht, gehörten Ende 2019 insgesamt 20,7 Millionen Menschen einer der 20 Gliedkirchen der EKD an. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von rund 25 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 21,14 Millionen Protestanten. Zurückzuführen ist der Rückgang nicht zuletzt auf die hohe Zahl an Austritten. Sie lag 2019 nach ersten vorliegenden Zahlen mit etwa 270.000 Menschen rund 22 Prozent über der des Vorjahres und erreichte wieder den bisherigen Spitzenwert von 2014. (tmg/epd)