Freiwilliger Verzicht auf den Titel

Pastor oder nicht Pastor: Verfahren wegen Titelmissbrauchs eingestellt

Veröffentlicht am 11.09.2020 um 11:17 Uhr – Lesedauer: 

Augsburg/Aichach ‐ Darf sich der Leiter einer freikirchlichen Gemeinde "Pastor" nennen? Darum drehte sich ein Rechtsstreit in Bayern. Der Pastor konnte aufatmen: Sein Verfahren wegen Titelmissbrauchs wurde nun eingestellt – Konsequenzen zieht er trotzdem.

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Das Verfahren wegen Titelmissbrauchs gegen einen freikirchlichen Gemeindeleiter, der sich "Pastor" nannte, ist eingestellt worden. Wie das Landgericht Augsburg gegenüber katholisch.de bestätigte, wurde der Strafprozess am Donnerstag gegen Auflagen aus Opportunitätsgründen eingestellt: An der Verfolgung des möglichen Titelmissbrauchs bestehe kein öffentliches Interesse, so der Gerichtssprecher. Die Frage, ob der Gemeindeleiter der Aichacher "Josua-Mission" Claus Jäger den Titel "Pastor" verwenden darf, bleibt damit weiterhin offen. Das Amtsgericht Aichach hatte Jäger im Frühjahr noch zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Dagegen hatte der Gemeindeleiter Berufung eingelegt.

Gegenüber katholisch.de zeigte sich Jäger erleichtert. Trotz der Einstellung des Verfahrens werde erkünftig dennoch nicht den Titel "Pastor" verwenden, sondern als "Gemeindeleiter" und "Hirte" in seiner Gemeinde auftreten, um weiteren Konflikten aus dem Weg zu gehen. Seine Gemeinde sei an dem Verfahren geistlich gewachsen und habe sich mit ihm solidarisiert.

Amtsgericht sah noch eindeutig Titelmissbrauch

Das Urteil in der ersten Instanz hatte noch festgehalten, dass es dem Angeklagten bewusst sei, "dass er keine anerkannte, abgeschlossene Ausbildung zu einem Priester, Pfarrer oder Pastor" habe. Der Richter ging davon aus, dass "Pastor" ausschließlich die "Amtsbezeichnung […] der evangelischen Kirche für einen ordinierten Pfarramtskandidaten darstellt" und Jäger "keine Berechtigung" hätte, sie zu führen. "Pastor" sei "selbstverständlich" eine vom Gesetz geschützte Amtsbezeichnung, so der Richter: "Ganz allgemein versteht die Bevölkerung unter einem Pastor einen Priester der evangelischen Kirche, und zwar nach Abschluss eines entsprechenden Theologiestudiums. Dieser Priester hat auch ein bestimmtes Amt inne", heißt es in dem Urteil.

Im Gespräch mit katholisch.de führt Jäger dagegen an, dass für die Einstellung auch die Tatsache eine Rolle gespielt habe, dass es in der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayerns den Titel "Pastor" gar nicht gebe. Tatsächlich verwendet die Mehrheit der evangelischen Landeskirchen offiziell wie die katholische Kirche die Bezeichnung "Pfarrer" für ihre gemeindeleitenden Geistlichen. (fxn)