Organisator und Vordenker der Deutschen Bischofskonferenz
Er verkörperte wie kein anderer Kontinuität an der Spitze der Deutschen Bischofskonferenz. Die Vorsitzenden kamen und gingen: Kardinal Karl Lehmann, Erzbischof Robert Zollitsch, Kardinal Reinhard Marx. Einer blieb: Hans Langendörfer, der Sekretär. Das letzte Stück der langen Strecke, die knapp ein Vierteljahrhundert überbrückt, ging er gemeinsam mit dem neuen Vorsitzenden Bischof Georg Bätzing.
Mit dem bereits Anfang 2020 angekündigten Rückzug des Paters, der am Mittwoch in Bonn vollzogen wurde, steht die Bischofskonferenz nach dem Wechsel von Marx zu Bätzing binnen kurzer Zeit zum zweiten Mal vor einem Neuanfang.
Der Bruch fällt in unruhige Zeiten. Die schwärende Wunde des sexuellen Missbrauchs sucht die deutschen Bischöfe in immer neuen Fieberkurven der Skandalisierung heim, ihre Glaubwürdigkeit ist zu großen Teilen verspielt. Hinzu kommen die Folgen der Corona-Pandemie mit sinkenden Kirchensteuereinnahmen und einem epidemiologisch erzwungenen Minimalangebot bei den Sakramenten und im Gemeindeleben.
Kirche in unruhigem Fahrwasser
Doch schon vor Corona war die Kirche in unruhigem Fahrwasser. Seit sie sich 2019 auf den damals von Langendörfer und Marx propagierten Synodalen Weg gemacht hat, um über ihre künftige Verfassung und Teile der Lehre zu diskutieren, gibt es nur noch wenige Gewissheiten.
Langendörfer ist einer der geistigen Väter des Synodalen Wegs, der auf indirekte Weise mit dem Missbrauchsskandal verknüpft ist. Seit der Aufdeckung von sexuellen Übergriffen von Priestern auf Schüler am Berliner Canisius-Kolleg 2010 treibt ihn die Frage um, ob es Verbindungen gibt zwischen der katholischen Sexualmoral und dem Priesterzölibat auf der einen und dem sexuellen Missbrauch auf der anderen Seite. Eine neue, in der Lebenswirklichkeit der Menschen vermittelbare Sexualmoral der Kirche wünscht er sich seit langem.
Als dann die Autoren der MHG-Missbrauchsstudie im September 2018 vorschlugen, die Kirche solle über "systemische Faktoren" nachdenken, die den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen begünstigten, rannten sie bei Langendörfer offene Türen ein. Seither suchte er ein kirchliches Forum, um die Themen Sexualmoral, priesterliche Lebensform und Machtverteilung in der Kirche grundlegend neu zu diskutieren.
Ein einmaliges Projekt
Daraus entstand der Synodale Weg. Das weltweit einmalige Projekt ist faktisch eine synodale Beratung, aber ohne den engen kirchenrechtlichen Rahmen einer Synode. Im Ausloten der Spielräume, die der Jesuit auf dem Papstthron eröffnet hat, sind der Jesuit Langendörfer und Kardinal Marx damit so weit gegangen, wie irgend möglich.
Für die Kritiker bestätigten sich damit Befürchtungen. Ihnen galt Langendörfer als die graue Eminenz bei der Entwicklung eines deutschen Sonderweges in der katholischen Kirche. Dass er stets freundlich auf andere Positionen eingeht (meist, um sie mit besseren Argumenten zu entkräften), ist eine seiner Stärken. Die rheinische Gelassenheit - am 25. November 1951 in Bonn geboren - des Sohns eines Mediziners und Bruders einer Gynäkologin lässt ihn nie erkennbar aus der Ruhe geraten. Er ist ein Schüler des liberalen Schweizer Moraltheologen Franz Böckle, der in Bonn lehrte und als Mitglied der Würzburger Synode (1971-1975) entscheidenden Einfluss hatte.
Ein Sekretariat als "Thinktank"
Vor seinem Amt als Sekretär-Nachfolger von Prälat Wilhelm Schätzler war Langendörfer wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Bonn sowie des Bundeskanzleramtes und zuletzt Leiter des "Foyers der Jesuiten" in der ehemaligen Bundeshauptstadt. Als er dann im Juli 1996 Sekretär der Bischofskonferenz wurde, hieß es in einem Beitrag des WDR: "Seine Wahl ist ein ermutigendes Signal des Aufbruchs und der Hoffnung". Das Sekretariat in Bonn mit mehr als 120 Mitarbeitern hat er seither zu einer Art "Thinktank" umgestaltet, der Ideen und Konzepte für die Kirche in der Welt von heute produziert.
"Auskunftsfähigkeit" und "Anschlussfähigkeit" der Kirche in der pluralen, freiheitlichen Gesellschaft waren Leitbegriffe seines Denkens und Wirkens. Die Kirchen- und Glaubenskrise in Deutschland hat sich auch in seiner Amtszeit weiter vertieft. Aber das liegt an Faktoren, die offenbar selbst kluge Jesuiten nicht nachhaltig beeinflussen können.