Einer der letzten Konzilszeugen
Das war eine gelungene Beschreibung, wie Weggefährten schon damals beteuerten. Hubert Luthe war ein Mann des Gesprächs, des Ausgleichs, ein Mann mit Bodenhaftung. Am Dienstag ist der Altbischof von Essen, einer der letzten Zeugen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965), im Alter von 86 Jahren gestorben.
Der Geistliche aus dem oberbergischen Lindlar hatte ein bewegtes Leben. Nach dem Krieg studierte er Theologie in Bonn und München. 1953 empfing er die Priesterweihe. Zwei Jahre später machte ihn der damalige Kölner Kardinal Josef Frings zu seinem Geheimsekretär - ein entscheidender Einschnitt in Luthes Leben. Er begleitete den fast blinden Erzbischof nach Rom zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Mit päpstlicher Sondergenehmigung durfte er als einziger Kaplan an den Beratungen teilnehmen.
Von Köln mit Bedenkzeit nach Essen
Ab 1969 wirkte er über mehr als zwei Jahrzehnte als Weihbischof in Köln, bevor ihn Papst Johannes Paul II. im Jahr 1991 zum zweiten Bischof des 1958 gegründeten Bistums Essen ernannte. Die feierliche Einführung erfolgte am 2. Februar 1992.
Man erzählt noch heute, dass Luthe zwei Tage Bedenkzeit brauchte. Der Wechsel vom Rhein an die Ruhr fiel ihm schwer, wie er später zugab. Auch wusste er, dass er keine leichte Nachfolge antrat. Kardinal Franz Hengsbach hatte das Ruhrbistum über 30 Jahre lang geführt. Für ihn, der aus Verbundenheit mit den Bergleuten ein Stück Kohle im Bischofsring trug, war das Wort "Ruhrbischof" erfunden worden.
„Mir scheint wichtig, wenn man auch die Sprache nicht spricht, dass man deren Kultur, deren Denkweise kennenlernt.“
Doch Luthe nahm die Herausforderung an, beschrieb sich selbst damals als "neugierig von Wesen und Beruf her" und setzte bald eigene Akzente. Als Ruhrbischof engagierte er sich besonders für den Erhalt von Arbeitsplätzen. Innerkirchlich brachte er 1997 einen Kooperationsplan für die Diözese auf den Weg. Er wusste um die Notwendigkeit des Sparens. Die Zahl der Kirchenmitglieder in der Diözese war seit Bistumsgründung um ein Drittel gesunken - mit spürbaren Auswirkungen auf die Kirchensteuereinnahmen. Schließungen und Stellenabbau folgten.
Menschen zu kritischem Denken und Toleranz ermutigt
Dabei war Luthe immer nahe bei den Menschen. Die Ruhrpottler waren dem Sohn einer Kölnerin und eines Wattenscheiders von Anfang an nicht fremd. Wichtig war dem Bischof die Unabhängigkeit vom Zeitgeist, wozu er besonders junge Leute aufforderte. Auch mehr Toleranz wünschte er sich von ihnen und ermutigte sie zu kritischem Denken. Toleranz war für Luthe auch das entscheidende Stichwort für das Zusammenleben der Religionen, speziell mit den Muslimen. Luthe bereiste islamische Länder wie Syrien und den Irak. "Mir scheint wichtig, wenn man auch die Sprache nicht spricht, dass man deren Kultur, deren Denkweise kennenlernt", sagte er einmal. Deshalb las er auch ab und zu im Koran.
Nach seinem Rücktritt vom Bischofsamt 2002 mit 75 Jahren erkrankte Luthe lebensgefährlich, erholte sich aber wieder. Danach lebte er in Hattingen, der Geburtsstadt des 2001 seliggesprochenen Arbeiterführers Nikolaus Groß (1898-1945). Den Initiativkreis, der die Seligsprechung vorantrieb, hatte Luthe ins Leben gerufen. Im Juni vergangenen Jahres konnte der Altbischof noch sein Diamantenes Priesterjubiläum begehen. Zuletzt wohnte der frühere Ruhrbischof in einer Senioreneinrichtung in Essen. Er starb am Dienstagmorgen in einem Krankenhaus.
Von Johannes Schönwälder (KNA)