Der Essener Altbischof Hubert Luthe ist am Dienstag gestorben

Einer der letzten Konzilszeugen

Veröffentlicht am 05.02.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bistum Essen

Essen ‐ Du suchst nicht das Laute und Marktschreierische, sondern das Wesentliche, die Mitte." Mit diesen Worten charakterisierte 1994 der damalige Präfekt der Vatikanischen Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger, später Papst Benedikt XVI., seinen Studienfreund Hubert Luthe. Der beging gerade sein 25-jähriges Bischofsjubiläum und war zu diesem Zeitpunkt seit gut zwei Jahren Oberhirte des Bistums Essen.

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Das war eine gelungene Beschreibung, wie Weggefährten schon damals beteuerten. Hubert Luthe war ein Mann des Gesprächs, des Ausgleichs, ein Mann mit Bodenhaftung. Am Dienstag ist der Altbischof von Essen, einer der letzten Zeugen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965), im Alter von 86 Jahren gestorben.

Der Geistliche aus dem oberbergischen Lindlar hatte ein bewegtes Leben. Nach dem Krieg studierte er Theologie in Bonn und München. 1953 empfing er die Priesterweihe. Zwei Jahre später machte ihn der damalige Kölner Kardinal Josef Frings zu seinem Geheimsekretär - ein entscheidender Einschnitt in Luthes Leben. Er begleitete den fast blinden Erzbischof nach Rom zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Mit päpstlicher Sondergenehmigung durfte er als einziger Kaplan an den Beratungen teilnehmen.

Von Köln mit Bedenkzeit nach Essen

Ab 1969 wirkte er über mehr als zwei Jahrzehnte als Weihbischof in Köln, bevor ihn Papst Johannes Paul II. im Jahr 1991 zum zweiten Bischof des 1958 gegründeten Bistums Essen ernannte. Die feierliche Einführung erfolgte am 2. Februar 1992.

Man erzählt noch heute, dass Luthe zwei Tage Bedenkzeit brauchte. Der Wechsel vom Rhein an die Ruhr fiel ihm schwer, wie er später zugab. Auch wusste er, dass er keine leichte Nachfolge antrat. Kardinal Franz Hengsbach hatte das Ruhrbistum über 30 Jahre lang geführt. Für ihn, der aus Verbundenheit mit den Bergleuten ein Stück Kohle im Bischofsring trug, war das Wort "Ruhrbischof" erfunden worden.

„Mir scheint wichtig, wenn man auch die Sprache nicht spricht, dass man deren Kultur, deren Denkweise kennenlernt.“

—  Zitat: Hubert Luthe

Doch Luthe nahm die Herausforderung an, beschrieb sich selbst damals als "neugierig von Wesen und Beruf her" und setzte bald eigene Akzente. Als Ruhrbischof engagierte er sich besonders für den Erhalt von Arbeitsplätzen. Innerkirchlich brachte er 1997 einen Kooperationsplan für die Diözese auf den Weg. Er wusste um die Notwendigkeit des Sparens. Die Zahl der Kirchenmitglieder in der Diözese war seit Bistumsgründung um ein Drittel gesunken - mit spürbaren Auswirkungen auf die Kirchensteuereinnahmen. Schließungen und Stellenabbau folgten.

Menschen zu kritischem Denken und Toleranz ermutigt

Dabei war Luthe immer nahe bei den Menschen. Die Ruhrpottler waren dem Sohn einer Kölnerin und eines Wattenscheiders von Anfang an nicht fremd. Wichtig war dem Bischof die Unabhängigkeit vom Zeitgeist, wozu er besonders junge Leute aufforderte. Auch mehr Toleranz wünschte er sich von ihnen und ermutigte sie zu kritischem Denken. Toleranz war für Luthe auch das entscheidende Stichwort für das Zusammenleben der Religionen, speziell mit den Muslimen. Luthe bereiste islamische Länder wie Syrien und den Irak. "Mir scheint wichtig, wenn man auch die Sprache nicht spricht, dass man deren Kultur, deren Denkweise kennenlernt", sagte er einmal. Deshalb las er auch ab und zu im Koran.

Nach seinem Rücktritt vom Bischofsamt 2002 mit 75 Jahren erkrankte Luthe lebensgefährlich, erholte sich aber wieder. Danach lebte er in Hattingen, der Geburtsstadt des 2001 seliggesprochenen Arbeiterführers Nikolaus Groß (1898-1945). Den Initiativkreis, der die Seligsprechung vorantrieb, hatte Luthe ins Leben gerufen. Im Juni vergangenen Jahres konnte der Altbischof noch sein Diamantenes Priesterjubiläum begehen. Zuletzt wohnte der frühere Ruhrbischof in einer Senioreneinrichtung in Essen. Er starb am Dienstagmorgen in einem Krankenhaus.

Von Johannes Schönwälder (KNA)

Lebensdaten

22. Mai 1927: geboren in Lindlar als ältestes von acht Kindern der Eheleute Hermann Luthe und Amalie, geborene Hasert 1946 - 1953: Studium der Philosophie und Theologie an den Universitäten Bonn und München und am Priesterseminar in Bensberg 1953 - 1968: Nach der Priesterweihe durch Kardinal Joseph Frings am 2. Juli 1953 in Köln Kaplan in Düsseldorf und kurze Zeit Religionslehrer in Köln 1955 - 1968: Erzbischöflicher Kaplan und Geheimsekretär von Kardinal Joseph Frings, Köln Februar 1964: Promotion in München zum Doktor der Theologie Thema der Dissertation: "Die Religionsphilosophie von Heinrich Scholz" 1968 - 1969: Regens des Kölner Priesterseminars 28. Oktober 1969: Ernennung zum Titularbischof von Egabro (Spanien) und Weihbischof in Köln. Wahlspruch: "Ut non evacuetur crux - Dass nicht das Kreuz abgetan werde" (1 Kor 1,17), Bischofsweihe durch Kardinal Joseph Höffner am 14. Dezember 1969 1975: Mit Einrichtung der Pastoralbezirke der Weihbischöfe zuständig für den nördlichen Teil des Erzbistums Köln mit den Städten Düsseldorf und Neuss und dem entsprechenden Umfeld. In der Deutschen Bischofskonferenz Mitglied der Kommission für Fragen der Glaubens- und Sittenlehre und der Kommission für Fragen der Wissenschaft und Kultur 17. September 1987 - 12. Februar 1989: Diözesanadministrator des Erzbistums Köln 18. Dezember 1991: Ernennung zum Bischof von Essen durch Papst Johannes Paul II.; Einführung am 2. Februar 1992 5. Juni 1993: Partnerschaftsvertrag mit dem Erzbistum Kattowitz 14. Dezember 1994: 25-jähriges Bischofsjubiläum 1997: Inkraftsetzung eines flächendeckenden und alle Gemeinden einbeziehenden Kooperationsplans für das Bistum Essen; Bildung von Kooperationseinheiten. 22. Mai 2002: Emeritierung als Bischof von Essen 4. Februar 2014: Gestorben in Essen Ab 5. Februar 2014: Luthe wird ab 18 Uhr im Essener Dom aufgebahrt, die Totenvesper soll am Freitagabend um 18.30 Uhr im Dom stattfinden 8. Februar 2014: Pontifikalrequiem um 10 Uhr und anschließend Beisetzung in der Bischofsgruft in der Adveniat-Krypta