Kritik an Kölner Bistumsleitung wegen Beförderung von Priester

Bonner Stadtdechant kritisiert Umgang mit Missbrauchsfall

Veröffentlicht am 07.05.2021 um 12:08 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der verteidigende Hinweis, "dem Erzbischof sei bei der Personalentscheidung zwar der Kontext bekannt gewesen, aber ihm habe die Personalakte nicht vorgelegen, darf irritieren", sagt Stadtdechant Wolfgang Picken.

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Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken kritisiert die Kölner Bistumsleitung für ihren Umgang mit der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs. "Scheinbar scheint noch nicht verstanden worden zu sein, dass es berechtigte Anfragen an den Umgang mit Verantwortung in der Bistumsleitung und damit auch Fragen gegenüber dem Kölner Kardinal aufwirft, wenn es zu Beförderungen von Priestern gekommen ist, die als Missbrauchstäter bekannt waren", sagte er in der aktuellen Folge seines Podcasts "Spitzen aus Kirche und Politik".

Picken bezieht sich dabei vor allem auf Berichte zur Beförderung eines Geistlichen, der sexuellen Kontakt zu einem 17 Jahre alten Prostituierten hatte. Es habe sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt, den der Priester gestanden und bereut habe, erklärte Generalvikar Markus Hofmann im Nachgang. Auf weitere Vorwürfe gegen den Geistlichen angesprochen sagte Hofmann, dass es sich dabei lediglich um anonyme und abgestrittene Vorhaltungen und Gerüchte gehandelt habe.

Kardinal Rainer Maria Woelki hatte den Pfarrer 2017 zum stellvertretenden Düsseldorfer Stadtdechanten ernannt. Der verteidigende Hinweis, "dem Erzbischof sei bei der Personalentscheidung zwar der Kontext bekannt gewesen, aber ihm habe die Personalakte nicht vorgelegen, darf irritieren", so Picken. "Es ist wenig nachvollziehbar, dass man leitende Positionen besetzt, ohne sich mit den Akten zu befassen, zumal wenn Zweifel an der Person bestehen."

Das "erklärt die gegenwärtige Empörung und die Vertiefung der Krise"

Nach Ansicht des Bonner Stadtdechanten dürfen Menschen, die sich sexuell an Kindern und Jugendlichen vergangen haben, nicht mehr als Priester eingesetzt werden. "Dass das nicht sofort eingesehen und entsprechend reagiert wird, erklärt die gegenwärtige Empörung und die Vertiefung der Krise." Das Erzbistum müsse auf diese Vorwürfe reagieren und "schnell eine Haltung" entwickeln.

Auch das Mitte März vorgelegte Missbrauchsgutachten berichtet über den Vorfall mit dem 17 Jahre alten Prostituierten, der nach damaligem Kirchenrecht nicht als minderjährig galt. Es erkennt in dem Fall keine eindeutige Pflichtverletzung durch Amtsträger. Allerdings hätten die Gutachter die Frage, ob Missbrauchstäter durch Beförderung begünstigt wurden, ausdrücklich nicht behandelt, so Picken.

Auch der Kölner Stadtdechant Robert Kleine hatte indirekt die Bistumsleitung in dem Fall kritisiert. Er halte es für einen gravierenden Fehler, "das Fehlverhalten von Geistlichen danach zu bewerten, ob es strafrechtlich oder kirchenrechtlich justiziabel war oder ist". (KNA)