Jenseits aller Vorstellung: Auch ein Genderstern engt Gott ein
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Es gibt so Themen, die lösen zuverlässig einen Shitstorm aus. Die Debatte ums Gendern gehört dazu. Zuweilen kann man dabei den Eindruck bekommen, als bahne die Verwendung des Gendersternchens unserer Gesellschaft den direkten Weg in Chaos und Verderben. Dabei ist geschlechtersensible Sprache ein wichtiges Instrument, um Sichtbarkeit herzustellen, Barrieren zu verringern, um für mehr Gerechtigkeit auch in der Sprache zu sorgen. Frauen bewerben sich weniger häufig auf Jobs, wenn Stellenanzeigen im generischen Maskulinum verfasst sind. Wenn in der Grundschule von Ingenieurinnen und Ingenieuren die Rede ist, trauen sich auch kleine Mädchen diesen Beruf zu. Außerdem entwickelt sich Sprache kontinuierlich – kein Grund zur Panik also.
Die Debatte treibt natürlich auch Christ*innen um. Nun erwägt die Katholische junge Gemeinde (KjG), Gott künftig ebenfalls mit Gendersternchen oder mit Plus zu schreiben, also "Gott*" oder "Gott+". Es gehe darum, vom männlich geprägten Gottesbild wegzukommen. Das Ansinnen ist verständlich, aber: Soll man wirklich auch Gott gendern? Es ist schon richtig, Gott ist kein "alter Mann mit weißem Bart". Aber wer oder was ist Gott dann? "Du sollst Dir kein Kultbild machen und keine Gestalt von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde", heißt es im 2. Buch Mose, Vers 20, zu Beginn der Zehn Gebote. Es ist für Menschen schwer auszuhalten, aber: Gott lässt sich in keine Kategorie fassen, in keine Schublade zwängen. Gott ist und bleibt ein Geheimnis, größer als die menschliche Vernunft.
Dass sich Menschen trotzdem Bilder über Gott machen, ist genauso wahr. Auch die Bibel selbst nennt viele Gottesbilder, Gott ist Fels, Burg, Mutter und Vater. Aber alle menschlichen Vorstellungen machen Gott eben auch klein. Auch ein gut gemeintes Sternchen am Ende. In der Bibel (Exodus 3, 14) nennt Gott sich selbst so: "Ich bin, der ich bin." Mehr muss man nicht wissen.
Die Autorin
Annette Zoch ist Politikredakteurin der "Süddeutschen Zeitung" und schreibt dort über Religion und Kirche.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.