407 Pfarrer, Religionslehrer und Gemeindepädagogen befragt

Studie: Evangelische Kirche vertritt eher linksliberale Positionen

Veröffentlicht am 29.11.2021 um 18:27 Uhr – Lesedauer: 

Hannover ‐ Sind Repräsentanten der evangelischen Kirche in politisch-ethischen Fragen eher linksliberal? So lautet zumindest eine verbreitete Kritik. Eine Studie bestätigt das nun. Ein weiterer Vorwurf konnte jedoch nicht untermauert werden.

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Repräsentanten der evangelischen Kirche vertreten in politisch-ethischen Fragen offenbar eher linksliberale Positionen. Das geht aus einer Studie des Theologen Alexander Dietz von der Hochschule Hannover hervor, die am Mittwoch veröffentlicht werden soll und die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorab vorliegt.

Demnach betrachten Pfarrer, Religionslehrer und Gemeindepädagogen die Inhalte linksliberaler Ethik, zum Beispiel "Schöpfung bewahren durch Klimaschutz", mit 72,1 Prozent am häufigsten als relevant für ihre verkündigende oder pädagogische Tätigkeit. Dagegen spielten die Überzeugungen konservativer Ethik, zum Beispiel "gesetzlichen Schutz des ungeborenen Lebens verbessern", mit 16,43 Prozent für die überwiegende Mehrheit keine Rolle.

Sätze des Glaubensbekenntnisses wie "Gott ist der Schöpfer des Himmels und der Erde" erachten den Angaben zufolge 68,1 Prozent der Befragten für wichtig. Den Aussagen des reformatorischen Bekenntnisses wie "Rechtfertigung nicht durch gute Werke" mäßen im Durchschnitt 60,3 Prozent einen hohen oder eher hohen Stellenwert bei.

Online-Befragung im September

Für die repräsentative Untersuchung wurden im September 407 evangelische Pfarrer, Religionslehrer und Gemeindepädagogen online befragt.

Die Ergebnisse bestätigen laut Dietz sehr deutlich die verbreitete Kritik an einer einseitigen Dominanz linksliberaler Positionierungen kirchlicher Repräsentanten in politisch-ethischen Fragen. Darin liege die Gefahr einer weiteren Milieuverengung im Blick auf kirchliche Zielgruppen, warnt der Theologe. Das "Leitbild der traditionellen Familie" habe sich als besonders kontrovers erwiesen. Bei diesem Stichpunkt seien die Unterschiede zwischen verschiedenen ausgewerteten Gruppen am größten.

Den verbreiteten Vorwurf, dass die Kirche zu einer reinen "Moralagentur" geworden sei, könnten die Ergebnisse der Studie dagegen nicht untermauern, so Dietz. "Offenbar kann keine Rede davon sein, dass in Predigt, Religionsunterricht oder kirchlicher Jugendarbeit dogmatische Inhalte weitgehend durch ethische verdrängt worden wären." Stattdessen zeige sich eine erstaunlich hohe Bedeutung der Glaubenslehre für die überwiegende Mehrheit der Teilnehmenden. (KNA)