Fast 15 Jahre stand er an der Spitze des Hilfswerks

Früherer Misereor-Chef Josef Sayer 80 Jahre alt

Veröffentlicht am 19.12.2021 um 16:55 Uhr – Lesedauer: 

Zürich/Bonn ‐ Fast 15 Jahre stand Josef Sayer an der Spitze des Hilfswerks Misereor. Nun ist er 80 geworden – und engagiert sich noch immer in der Entwicklungshilfe, für den Klimaschutz und für die Bewältigung sozialer Krisen. Auch über die Kirche denkt er nach.

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Josef Sayer, langjähriger Hauptgeschäftsführer des Entwicklungshilfswerks Misereor, ist am Sonntag 80 Jahre alt geworden. Der am 19. Dezember 1941 in Apatin im heutigen Serbien geborene Geistliche leitete das katholische Hilfswerk von 1997 bis 2012. Nach einem Studium der Theologie und Philosophie in Tübingen und Rom sowie einem Studium der Sozialwissenschaften und Geschichte in Konstanz lebte Sayer von 1981 bis 1988 in Peru. Von 1988 bis 1998 lehrte er als Professor für Pastoraltheologie im schweizerischen Fribourg.

Sayer engagiert sich auch mit 80 weiterhin in der Entwicklungshilfe, für Klimaschutz und für die Bewältigung sozialer Krisen. Eine Öffnung des Pflichtzölibats halte er gerade angesichts des Priestermangels etwa am Amazonas für realistisch, sagte er im Interview des Schweizer Portals kath.ch (Sonntag). Es gebe dort Gemeinden, die daher seit Jahren nicht das Sakrament der Eucharistie (Kommunion) feiern könnten. "Wie kann man dann theologisch sagen, die Eucharistie ist konstitutiv für die Gemeindebildung – aber die nötigen Voraussetzungen hierfür nicht schaffen wollen?", so der Theologe. "Ich bin überzeugt, dass die Festlegung auf ein einziges Priestermodell angesichts der Eucharistienot der Gemeinden nicht haltbar ist." Und: "Verheiratete Priester werden aus kulturspezifischen Gründen kommen", so Sayer, der in der von Papst Franziskus eingesetzten neuen Organisation für Amazonien mitarbeitet.

Für Gleichbehandlung von Frauen

Ebenso drängt er auf Gleichbehandlung für Frauen. "Da hinken wir vor allem in der Kirche hinterher", so Sayer. "Gott hat alle Menschen mit der gleichen Würde geschaffen." Zugleich verwies er auf den Galater-Brief im Neuen Testament: "Da gibt es weder Sklaven noch Freie, Griechen oder Juden, Männer oder Frauen", so der emeritierte Theologie-Professor. "Von daher erscheint es doch geradezu lächerlich, wenn Frauen bei der Messe nicht das Evangelium vorlesen oder gut ausgebildete Frauen nicht predigen dürfen."

Die Kirche sei immer ein Abbild der jeweiligen Gesellschaft und daher im steten Wandel, sagte Sayer. Viel Lob zollte er Papst Franziskus und seinen Enzykliken "Laudato si" und "Fratelli tutti", die von Klimaforschern, dem Islam sowie anderen Religionen geschätzt würden. "Die Kirche ändert sich ständig - und zurzeit sehr zum Positiven." (KNA)