Abstand zu Eingang von Beratungsstelle muss eingehalten werden

Erfolg für Abtreibungsgegner: Gericht erlaubt Gebetsmahnwachen

Veröffentlicht am 18.03.2022 um 17:42 Uhr – Lesedauer: 

Kassel ‐ Nicht selten treffen sich Abtreibungsgegner vor Beratungsstellen, um dort mit von Gebeten begleiteten Mahnwachen gegen Schwangerschaftsabbrüche zu demonstrieren. Ein Gericht in Hessen hat diese Praxis nun erlaubt, wenn auch unter Auflagen.

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Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat Gebetsmahnwachen von Abtreibungsgegnern gegenüber einer pro-familia-Beratungsstelle in Frankfurt erlaubt. Die aktuelle 40-tägige Aktion dürfe ausschließlich auf der anderen Seite, in einem Abstand von etwa 30 bis 35 Metern zum Eingang der Beratungsstelle stattfinden, heißt es in der am Freitag in Kassel veröffentlichten Entscheidung des Zweiten Senats. Durch Sichtbehinderungen wie Büsche oder parkende Fahrzeuge werde die Privatsphäre der Schwangeren ausreichend geschützt; eine sichere Identifikation der Frauen sei nicht möglich.

Auch seien die von den Abtreibungsgegnern gesprochenen Rosenkranzgebete und liturgischen Gesänge in eine Geräuschkulisse eingebettet und vor der Beratungsstelle kaum vernehmbar. Die Abtreibungsgegner seien eigenen Angaben zufolge täglich mit zwei bis zehn Personen bei den Mahnwachen vertreten.

Persönlichkeitsrechte müssen auch künftig gewahrt bleiben

Der Verwaltungsgerichtshof wies damit eine Beschwerde der Stadt Frankfurt gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt zurück. Die Stadt hatte die Mahnwachen während der Öffnungszeiten der Beratungsstelle verlegen wollen, was das Verwaltungsgericht Frankfurt als rechtswidrig ansah. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit umfasse auch die Wahl des Versammlungsortes, führte der Senat aus.

Zugleich geht das Gericht aber davon aus, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klientinnen der Beratungsstelle eine Verlegung einer solchen Mahnwache grundsätzlich rechtfertigen könne. So könne durch Plakate mit Babybildern, Marienikonen, Transparente, Gesänge und Gebete psychischer Druck auf die Frauen ausgeübt werden. Schutzwürdig sei außerdem das Interesse, eine Frühschwangerschaft oder einen erwogenen Abbruch geheim halten zu wollen. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht liege aber nur dann vor, wenn die Versammlung so nah zur Beratungsstelle stattfinde, dass die Teilnehmer den Frauen ins Gesicht sehen könnten und die Frauen den Plakaten, Parolen und Gesängen aus nächster Nähe ausgesetzt wären. (KNA)