Den Himmel gibt’s echt
Das hat viel mit der Umarmung religiöser Filme durch evangelikale Glaubensgemeinschaften in den USA zu tun, die erkannt haben, dass filmische Darstellungen sehr viel eindringlicher sein können als sonntägliche Predigten.
Zwischen "Son of God" und "Godʼs Not Dead", den jüngsten Exemplaren des Genres, schwimmt auch "Heaven Is for Real" auf dieser Welle mit. Obwohl kein Bekehrungsstück wie so viele andere privat finanzierte Produktionen und auch kein Bibelfilm, wie sie neuerdings wieder im Schwange sind, sichert sich der Film durch das Porträt einer christlichen Gemeinde im ländlichen Nebraska doch von vornherein die Zuneigung eines religiös motivierten Publikums.
Ein Nahtod-Erlebnis passt nicht in diese Welt
Das Städtchen, in dem die Handlung angesiedelt ist, der Pastor und die Gemeindemitglieder sind proper und adrett, haben aber genau dieselben Alltagssorgen wie die Kinobesucher, die sich deshalb rasch mit ihnen identifizieren können. Das ist "Small-Town America", wie es die Zuschauer sehen möchten. Die Kamera weidet sich an hübsch gekleideten Kindern, an Predigten zustimmend lauschenden Gläubigen und strahlenden Panoramen einer von heutigen Agrarproblemen scheinbar unbeeinflussten Landschaft.
Die Welt ist alles in allem in Ordnung, auch wenn es gesundheitliche, familiäre und finanzielle Schwierigkeiten gibt. Ein Nahtod-Erlebnis passt da nicht hin. Es rüttelt an den Fundamenten eines naiven Weltbildes, in dem Gott in den Himmel und der Mensch auf die Erde gehört – alles schön abgezirkelt und in scheinbar harmonischem Einklang mit Schulwissen und Bibelkreis. Auch der Pastor tut sich deshalb zunächst schwer, als sein vierjähriger Sohn nach einer "wie durch ein Wunder" überstandenen Notoperation davon erzählt, dass er auf Jesu Schoß gesessen und die Engel singen gehört habe. Erst als der sonst ganz bubenhafte Kleine von seinem Großvater und einem totgeborenen Schwesterchen berichtet, die er gar nicht kennen kann, gibt sich der Vater dem Gedanken hin, dass hier etwas vor sich gegangen sein mag, das die Grenzen unseres Wissens und Verständnisses übersteigt.
Aversion Erwachsener gegen das Unvorstellbare
Jeder Film, der sich auf Nahtod-Erlebnisse und eine Schilderung des Lebens nach dem Tod einlässt, sei es Vincent Wards "Hinter dem Horizont" oder Clint Eastwoods "Hereafter", um nur zwei der polarisierendsten Vertreter dieses Genres zu nennen, muss sich an der Ernsthaftigkeit messen lassen, mit der er das zwischen Erfahrbarem und Unerfahrbarem angesiedelte Paradox des Glaubens darzustellen versucht.
Der offizielle deutsche Trailer zu "Den Himmel gibt's echt" (Quelle: Moviepilot Trailer)
"Den Himmel gibt’s echt" gibt sich alle Mühe, die naive Rezeption eines solchen "Wunders" durch ein vierjähriges Kind mit der natürlichen Aversion erwachsener Menschen gegenüber dem Unvorstellbaren zu kontrastieren. Der Film kommt dabei aber nicht über stereotype Muster hinaus, weil er sich letztlich weniger für eine weltanschauliche Vertiefung denn eine emotionale Anbiederung bei konservativen Evangelikalen interessiert.
Es ist nicht nur die Herkunft von einem jahrelang die amerikanischen Bestsellerlisten beherrschenden Buch, das die Richtung vorgibt, sondern vor allem die an populären Genrefilmen ausgerichtete Machart, die alles zu oberflächlich und weinerlich erscheinen lässt. Gerade ein mit so vielen Emotionen und Zweifeln besetztes Thema wie Nahtod-Erlebnisse verweigert sich von vornherein jedem Versuch, zum Gegenstand eines quasi-religiösen Erbauungsstücks gemacht zu werden, wenn eine fruchtbare Besinnung und Diskussion das Ziel sein soll. Ein paar gute Ansätze, die es in dem Film auch gibt, reichen da nicht aus.
Von Franz Everschor