Razzia bei russischer Caritas

Veröffentlicht am 04.04.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Russland

Moskau/Sankt Petersburg ‐ Im Zuge ihrer Kontrollen bei Nichtregierungsorganisationen (NGOs) haben russische Behörden jetzt auch katholische Einrichtungen im Visier. Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft, der Brandschutzaufsicht und weiterer Behörden prüften am Mittwoch das Büro der Caritas in Sankt Petersburg auf die Einhaltung aller Vorschriften. Das teilte der Caritasverband der Stadt am Donnerstag mit. Zugleich bat er die Bevölkerung um Unterstützung.

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Allein in Sankt Petersburg seien am Mittwoch rund 20 Organisationen von den Behörden geprüft worden, hieß es.

Caritas-Direktorin Natalia Pewzowa sagte der russischen Nachrichtenagentur Interfax, die Kontrolleure hätten vom Zustand der Toiletten bis zu den Dokumenten alles geprüft. Die Behörden hätten angekündigt, das Ergebnis der Untersuchung am Montag mitzuteilen. Die mehr als 150 Mitarbeiter der vor 20 Jahren gegründeten Caritas Sankt Petersburg kümmern sich unter anderem um Menschen in Notlagen.

Kirche droht Schließung

Erst vor wenigen Tagen hatten die Behörden eine Geldbuße von umgerechnet rund 11.000 Euro gegen eine katholische Pfarrei im südrussischen Nowotscherkassk verhängt, weil deren hundert Jahre alte Kirche die Brandschutzvorschriften nicht erfülle. Der Pfarrer erklärte laut russischen Medienberichten, das Bußgeld nicht zahlen zu können. Nun drohe die Schließung der Kirche. Dem Bericht zufolge fehlt der Pfarrei auch das Geld, um die Brandschutzauflagen zu erfüllen. Die Kosten dafür werden auf rund 5.000 Euro geschätzt.

Die russischen Razzien bei politischen Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen sind auch Thema des bevorstehenden Treffens von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kremlchef Wladimir Putin. Es lasse sich gar nicht vermeiden, darüber zu sprechen, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am Mittwoch in Berlin. Der russische Präsident zeigte sich offen: "Natürlich ist Putin bereit, Erklärungen zu allen Fragen zu geben, welche die deutsche Kanzlerin interessieren", sagte sein Sprecher der Agentur Interfax. So halte Putin es immer bei Treffen mit deutschen Kollegen. Merkel und Putin eröffnen an diesem Sonntag gemeinsam die Hannover Messe.

Putin: "Reine Routine"

Die russischen Behörden hatten im März tausende NGOs überprüft und vorübergehend Computer beschlagnahmt. Menschenrechtsorganisationen und ausländische Regierungen kritisierten dies scharf. Russische Bürgerrechtler sprachen von Repressionen wie unter Sowjetdiktator Josef Stalin.

Moskau rechtfertigt den Einsatz mit einem neuen, umstrittenen Gesetz, wonach sich Nichtregierungsorganisationen, die aus dem Ausland finanziert werden, als "ausländische Agenten" registrieren lassen müssen. Putin hatte die Aktionen "Routine" genannt. Es werde geprüft, ob sich die NGOs an die russischen Gesetze hielten. (mir/KNA/dpa)