Ein Porträt des früheren Hamburger Weihbischofs

Gesicht der Kirche in den Medien: Hans-Jochen Jaschke ist tot

Veröffentlicht am 11.07.2023 um 12:49 Uhr – Von Michael Althaus und Sabine Kleyboldt (KNA) – Lesedauer: 

Hamburg ‐ Weihbischöfe agieren oft eher im Hintergrund. Doch dank der historischen Umstände und seiner mutigen Persönlichkeit entwickelten sich die Dinge für Hans-Jochen Jaschke anders. Jetzt ist der bekannte Theologe gestorben. Ein Porträt.

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Offiziell stand Hans-Jochen Jaschke nie an der Spitze eines katholischen Bistums. Dennoch genoss der frühere Hamburger Weihbischof Bekanntheit weit über die Grenzen der Hansestadt hinaus. Knapp sieben Jahre nach seinem Eintritt in den Ruhestand ist der Theologe am Dienstag im Alter von 81 Jahren in Hamburg gestorben. Er zeichnete sich durch Offenheit, Humor, einen scharfen Intellekt und Mut aus. Und gerade dieser ist seiner Kirche oft zugutegekommen, nicht nur in der Missbrauchskrise 2010.

Als damals die Debatte um sexualisierte Gewalt an Kindern höchste Wellen schlug, war es vor allem Jaschke, der im Fernsehen bei Plasberg, Illner, Maischberger und Lanz für die katholische Kirche Gesicht zeigte. Denn wenn manch anderer lieber abtauchte, lief er zu Hochform auf. Welche Ausmaße der Skandal bis heute annehmen sollte, hatte damals aber auch er nicht geahnt. "Ich hätte mir es früher nicht träumen lassen, wie sehr die Kirche von dem Thema Missbrauch betroffen ist", bekannte er 2021 in einem Interview. Als Weihbischof sei er jedoch nicht in Personalentscheidungen einbezogen gewesen und habe von konkreten Fällen wenig mitbekommen.

Der promovierte Theologe, der zum Schülerkreis Joseph Ratzingers, des späteren Papstes Benedikt XVI., gehörte, war in vielen weiteren Themen firm. Als Islam-Experte setzte er sich dafür ein, dass Muslime ihren Glauben praktizieren und Moscheen bauen können. Im Umgang der Religionen miteinander forderte er Augenmaß. Immer wieder lobte er das gute Verhältnis von Katholiken und Juden und rief zu Wachsamkeit gegenüber Antisemitismus auf.

Vertreibung aus Oberschlesien

Jaschke wurde am 29. September 1941 im oberschlesischen Beuthen geboren. Nach der Vertreibung kam seine Familie 1945 ins niedersächsische Bückeburg. Auf das Theologie- und Philosophie-Studium in Frankfurt und Münster folgte 1967 die Priesterweihe.

1989 kam er als Weihbischof des Bistums Osnabrück, zu dem Hamburg damals noch gehörte, in die Hansestadt. Sechs Jahre später wurde er Weihbischof im neuerrichteten Erzbistum Hamburg. In der Deutschen Bischofskonferenz gehörte Jaschke den Kommissionen für Pastoral, Ökumene und Weltkirche an und leitete die Unterkommission für den interreligiösen Dialog. Zudem war er für Bundespolizei und Bundesgrenzschutz zuständig.

Maria Jepsen im Portrait
Bild: ©KNA (Archivbild)

Nicht erst seit dem Hamburger "ökumenischen Katholikentag" im Jahr 2000 trat Hans-Jochen Jaschke immer wieder mit der evangelischen Bischöfin Maria Jepsen auf.

Sein Geschick in ökumenischen Angelegenheiten konnte Jaschke in der nordischen Diaspora hinreichend unter Beweis stellen. Nicht erst seit dem Hamburger "ökumenischen Katholikentag" im Jahr 2000 trat er immer wieder mit der evangelischen Bischöfin Maria Jepsen auf – fast legendär ist ein Foto der beiden im Strandkorb. Jepsens Rücktritt im Juli 2010 bedauerte "Hajo" Jaschke zutiefst.

Mit seinem 75. Geburtstag musste er dem Papst laut Kirchenrecht seinen Rücktritt anbieten, der im Oktober 2016 angenommen wurde. Als Ruheständler trat der Theologe nur noch selten in der Öffentlichkeit auf und musste sich auch einer Operation an der Aorta unterziehen.

Jaschke begrüßte den Synodalen Weg

Jaschke begrüßte den 2019 gestarteten Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland, den Synodalen Weg. "Um weiterzukommen, müssen Bischöfe und Laien gemeinsamen einen Weg finden. Und es ist auch gut, wenn Laien – vor allem auch Frauen – mehr Mitsprache bekommen." Er sprach sich für eine Aufhebung des Zölibats und die Segnung homosexueller Paare aus.

Die Entwicklungen der vergangenen Jahre im hoch überschuldeten Erzbistum Hamburg beobachtete Jaschke kritisch. Zu der Entscheidung von Erzbischof Stefan Heße, katholische Schulen zu schließen, sagte er, sie sei "ohne große Rücksicht auf die Öffentlichkeit" getroffen worden. Am Rande einer Demonstration für den Erhalt der Schulen erklärte er: "Man muss die Leute ernstnehmen und ihnen zuhören."

Heße würdigte Jaschke anlässlich seines Tods als einen Geistlichen, der sich außerordentlich um die katholische Kirche verdient gemacht habe: "Meinungsstark, mit einer klaren Haltung und ohne Berührungsängste hat Weihbischof Jaschke der Kirche in der Öffentlichkeit ein Gesicht gegeben, und das weit über Norddeutschland hinaus."

Von Michael Althaus und Sabine Kleyboldt (KNA)