Bekenntnis zu Konsequenzen und konkreten Maßnahmen

Nach Studie: EKD und Diakonie bekennen "jahrzehntelanges Versagen"

Veröffentlicht am 06.02.2024 um 15:03 Uhr – Lesedauer: 

Hannover ‐ Die jüngst vorgestellte ForuM-Studie legte das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs in der evangelischen Kirche in Deutschland offen. EKD, Landeskirchen und Diakonie räumten nun deutlich Fehlverhalten ein – und kündigten Konsequenzen sowie konkrete Schritte an.

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Nach der jüngst vorgestellten Studie über das Ausmaß von Missbrauch an Kindern und Jugendlichen in der evangelischen Kirche haben relevante Gremien der Kirche eine gemeinsame Erklärung abgegeben. Die Studie lege ein "jahrzehntelanges Versagen der evangelischen Kirche und der Diakonie auf allen Ebenen und in allen Landeskirchen offen", heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der 20 evangelischen Landeskirchen und des Bundesvorstands der Diakonie.

Betroffene seien nicht gehört, Taten nicht aufgearbeitet, Täter geschützt und Verantwortung nicht übernommen worden. "Sexualisierte Gewalt gehört zur Realität unserer Kirche und unserer Diakonie. Diese Einsicht nimmt uns in die Pflicht", heißt es in der Stellungnahme.

EKD, Landeskirchen und Diakonie formulieren darin auch Konsequenzen. Man verpflichte sich zu einheitlichen Standards der Prävention und Transparenz, einheitlichen Verfahren für kirchliche Zahlungen – die sogenannten Anerkennungsverfahren – sowie einen einheitlichen Prozess der weiteren Aufarbeitung sexualisierte Gewalt.

Einheitliche Standards und Verfahren

Konkrete Schritte sollen im Beteiligungsforum der EKD, in dem kirchliche Verantwortliche und Betroffene vertreten sind, besprochen werden. Mitte Februar werde das Gremium gemeinsam mit den Forschenden die Ergebnisse und Empfehlungen erstmals beraten, heißt es in der Stellungnahme. Die Rede ist darin von einem "klaren Maßnahmenplan". Die Stellungnahme bekennt sich zur Beteiligung von Betroffenen. Man stehe hinter dem "Grundsatz der direkten Mitentscheidungen" von Betroffenenvertretern und vertreterinnen.

Zuvor hatte die beim Bund angesiedelte unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs am Dienstagmorgen Konsequenzen aus der Studie gefordert. Unter anderem verlangte die Kommission, spezifisch evangelische Strukturen zu überprüfen, ein Recht auf Aufarbeitung für Betroffene im Kirchengesetz festzuschreiben und einheitliche Verfahren für die Anerkennungsleistungen.

Ende Januar wurde die von der EKD beauftragte Studie des unabhängigen Forschungsverbunds ForuM veröffentlicht. Sie zeigt Ausmaß und Risikofaktoren sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche. Die Wissenschaftler ermittelten mindestens 2.225 Betroffene und 1.259 Beschuldigte sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie, gehen aber davon aus, dass die tatsächliche Zahl weit höher liegt, weil längst nicht alle relevanten Akten der Landeskirchen und diakonischen Landesverbände eingesehen wurden. (mal/epd)