Vor 150 Jahren starb die Ordensgründerin Sophie Barat

Allen Kindern eine Ausbildung

Veröffentlicht am 24.05.2015 um 00:01 Uhr – Von Anselm Verbeek (KNA) – Lesedauer: 
Heilige

Bonn ‐ "Kinder aus allen Schichten zu erziehen" sah sie als ihre Aufgabe an: Nach diesem Grundsatz steuerte Madeleine Sophie Barat ihre Schulschwestern vom Heiligen Herzen Jesu. Heute vor 150 Jahren starb die heilige Ordensgründerin.

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Vorbild für Barats Ordensgemeinschaft war die Gesellschaft Jesu, Musterbild eines modernen Ordens: Wie die Jesuiten wollten die Sacre-Coeur-Schwestern als eine religiöse Gesellschaft ohne Klostermauern für das christliche Menschenbild werben. Sie taten dies mitten im Umbruch, als Kirchen zu "Tempeln der Vernunft" oder "Irrenanstalten" entweiht wurden. Fast 60 Jahre hat "Mutter Barat", wie die 26-jährige Sophie seit ihrer Wahl zur Generaloberin 1806 genannt wurde, ihren Orden geleitet. Als sie vor 150 Jahren, am 24. Mai 1865, im Pariser Mutterhaus starb, umfasste die Kongregation 89 Niederlassungen mit rund 3.500 Schwestern.

Madeleine Sophie kam in der Nacht zum 13. Dezember 1779 in der burgundischen Kleinstadt Joigny zur Welt. Ihr elf Jahre älterer Bruder Louis, Priester und Schulleiter, lehrte seine hoch begabte Schwester die gleichen Lerninhalte wie seine Gymnasiasten: alte und moderne Sprachen sowie Naturwissenschaften.

Als Ordensstifterin achtete Barat darauf, dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede der Schulbildung abgemildert wurden. Während der Schreckensherrschaft von Robespierre war ihr Bruder Louis ins Gefängnis geworfen worden und konnte täglich unter der Guillotine enden. Die Familie betete für ihn vor zwei Bildern, auf denen Jesus und Maria mit dem Liebessymbol flammender Herzen dargestellt waren.

Seine und Eiffelturm von einer Seinebrücke aus
Bild: ©salexander2/Fotolia.com

In Paris gründete "Mutter Barat" die Ordensgemeinschaft vom Heiligsten Herzen Jesu.

Obwohl ihr Priesterbruder überlebte, hat Revolutionsangst Sophie zeitlebens verfolgt. Louis holte seine Schwester nach Paris, wo sie Pater Joseph Varin begegnete, der für die Erneuerung des damals verbotenen Jesuitenordens kämpfte. Er gehörte einer geheimen Gemeinschaft an, die sich Gesellschaft des heiligsten Herzens Jesu nannte und nach der Ignatius-Regel lebte.

Pater Varin gewann Einfluss auf Sophie und die Ordensgründung. Am 21. November 1800 weihte sie sich mit Gleichgesinnten der Verherrlichung des Herzens Jesu, dessen Glanz Gottlosigkeit zu trüben schien; sie begann ihr Noviziat unter Leitung des Paters. Sophie, von Natur eher zum kontemplativen Gebetsleben neigend, erkannte ihre Berufung. Die Schwestern übernahmen ein Internat in Amiens, das sie wieder auf Vordermann brachten.

Die Armut - geliebt und geschätzt wie eine Mutter

Varin leitete vorläufig die Gründung, arbeitete aber bereits mit Sophie an den Statuten der Gemeinschaft. Der Pater konnte sich von den Führungsqualitäten der jungen Frau ein Bild machen. Sophie Barat legte die Gelübde ab und wurde Oberin, sorgte für das leibliche und geistliche Wohl der Gemeinschaft: Aus ihrer Unterrichtspraxis und erfolgreichen pädagogischen Modellen, besonders dem Lehrplan der Jesuiten, entwickelte sie ein eigenes Erziehungssystem. Sie bewies ausgezeichnete organisatorische Fähigkeiten und wuchs in die Rolle einer spirituellen Führerin für Mitschwestern und Novizinnen. Der religionsfeindliche Geist der Epoche weckte spirituellen Hunger.

Zur Generaloberin gewählt, musste "Mutter Barat" ihren Führungsanspruch gegen interne Konkurrenz verteidigen. Erst 1815, nach Napoleons Sturz, konsolidierte sich die junge Gründung, nachdem aufgedeckt worden war, dass ihre Gegner nicht einmal vor der Fälschung von Dokumenten des Heiligen Stuhls zurückgeschreckt waren. Barat berief eine Versammlung ein, in einer Atmosphäre der Versöhnung und des Vertrauens. Pater Varin und die Generaloberin stellten die Statuten vor, die endlich gebilligt werden konnten. Danach "sollte die Armut geliebt und geschätzt werden wie eine Mutter".

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Video: © katholisch.de

Was sind Orden? Ein Beitrag der Serie "Katholisch für Anfänger".

Unter der restaurierten Monarchie der Bourbonen erlebte Sacre Coeur einen enormen Auftrieb. Viele Gründungen konnte Mutter Barat, die als energische Organisatorin wie die heilige Teresa von Avila durch die Lande reiste, ins Leben rufen. Hierbei folgte sie ihrer Maxime, allen Kindern eine Ausbildung zu bieten; die Internate hatten dabei für Kinder aus wohlhabenden Familien externe Freischulen zu finanzieren.

In Paris erwarb "Mutter Barat" das Hotel Biron: ein prächtiger Adelspalast, der in den Augen mancher unangenehme Erinnerungen an die untergegangene Feudalkirche weckte. Ihnen geriet der Sacre coeur in den Ruf von "grandeur mondaine", von weltlicher Größe.

Sophie Barat verteidigte den Kauf des Hotel Biron, das heute das Rodin-Museum beherbergt. Den Schwestern der armen Missionsstation in Louisiana versicherte sie, dass die Ordensfrauen persönlich in Armut lebten und über den Pferdeställen wohnten. Die Gesellschaft müsse Kindern aus jedem Milieu Bildung bieten, auch dem Hochadel. Mutter Barat erlangte 1826 die endgültige Bestätigung ihres Ordens. Allen Wechselfällen zum Trotz erlebte sie den weltweiten Siegeslauf des Sacre Coeur. Die Kirche ehrte ihr Werk 1925 mit der Heiligsprechung.

Von Anselm Verbeek (KNA)