"Das lernt man nicht auf der Polizeischule"

Die Handlung beginnt genregemäß mit dem Leichenfund. Zusammen mit ihrem Schoßhündchen ist die Eigentümerin einer Möbelmanufaktur ermordet und auf einer Waldlichtung im Münchner Umland nicht einfach verscharrt, sondern rituell beerdigt worden.
Einsame Kneipenbesuche
Faszinierend, wie bei Petzold Krimi-Standardsituationen zum Ereignis werden. Wenn Hauptkommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) den Hauptverdächtigen, den Ex-Ehemann des Opfers (Justus von Dohnányi) verhört, schaut die neue Kollegin Constanze Hermann (Barbara Auer) gebannt zu und bemerkt "das Mäandern" seiner Fragen. Von Meuffels erklärt ihr dann: "Das lernt man nicht auf der Polizeischule, sondern bei einem Krimiautor wie Garry Disher!"
Die Dialoge im Auto – Petzolds Spezialität – haken nicht Informationen ab, sondern gewinnen dramatische Dichte. Wenn die Kollegin von ihrer früheren, mittlerweile bewältigten Alkoholsucht erzählt, antwortet von Meuffels, um sie aufzurichten und ihr seine Wertschätzung zu zeigen, mit einer Beschreibung der einsamen Kneipenbesuche, die auch er genau kenne: dieses An-der-Theke sitzen, das Drücken der Songs an der Music-Box... Und dann findet sich – so werden die Motive fortgesponnen – eine Music-Box im Arbeitskeller des Verdächtigen.
Kriminalhauptkommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) und Constanze Hermann (Barbara Auer) bei der Befragung der Belegschaft, wo die ermordete Fabrikantin nicht sonderlich beliebt war - nicht erst seit bekannt wurde, dass sie die Firma an ausländische Investoren veräußern wollte.
Petzold ist ein Regisseur der intimen Intensitäten. Mit Verfolgungsjagden und dem Auslegen falscher Fährten hält er sich nicht lange auf. Er konzentriert sich vielmehr auf sein Darsteller-Trio, setzt Brandt/Auer/Dohnányi brillant in Szene und zeichnet mit ihnen drei Varianten existenzieller Einsamkeit.
Die Taten der Gekränkten
Bewegend, wie sich zwischen von Meuffels und seiner neuen Kollegin in zarten Andeutungen eine Liebesgeschichte entspinnt, die keine werden darf. "Es heißt ja", erklärt Petzold dazu, "dass die Menschen Polizisten und Detektive im Kino und im Fernsehen so lieben, weil sie in alle Privaträume, auch in die verschlossensten, in die der Reichen und Armen, der Schönen und Verblühten, hineingelangen und wir uns dort mit ihnen aufhalten und umschauen können. Die Polizisten und Detektive finden hier die Taten der Gekränkten, der Vernachlässigten, der Neider, der Leidenschaftlichen und Erkalteten. Ihr Schicksal aber ist, dass sie selbst niemals verbrecherisch und leidenschaftlich sein dürfen. Sie gehen herum in den Tragödien anderer. 'Kreise' erzählt von diesen ausgeschlossenen, erschöpften, versehrten, einsamen, aber auch großartig erwachsenen Menschen."