Diakonie-Chefin: Doku-Film über Missbrauchsheim fast unerträglich
Zum Kinostart des Films "Die Kinder aus Korntal" über Missbrauch in einem Heim der evangelikalen Brüdergemeinde im schwäbischen Korntal hat die Vorständin der Diakonie Deutschland, Maria Loheide, den am Film mitwirkenden Betroffenen für ihren Mut gedankt. Aus ihrer Sicht sei der Film "fast unerträglich", sagte Loheide am Rande einer Vorführung am Freitagabend in Berlin. Die Doku stammt von Julia Charakter (Drehbuch und Regie).
Der Film habe deutlich gemacht, welche Diskriminierung Betroffene noch immer erführen. Es sei zudem klar geworden, welche Abwehrmechanismen es noch immer gebe. "Für die Diakonie ist es extrem bedrückend, dass in Korntal nicht mehr Einsicht da ist", sagte Loheide. Die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs dürfe niemals vorbei sein. "Man kann nicht eine Studie machen und sie dann zu den Akten legen."
Offener Brief mit Kritik der Evangelischen Brüdergemeinde
Ein Aufarbeitungsbericht zu Korntal hatte Geschichten von 105 ehemaligen Heimkindern aufgelistet, bis zu 300 Kinder seien Opfer von psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt geworden. 81 Täter werden benannt, acht davon Intensivtäter. In ihrem Dokumentarfilm lässt Julia Charakter Betroffene zu Wort kommen, ebenso Gemeindemitglieder aus dem 9.000-Seelen-Ort in Baden-Württemberg.
Die Verantwortlichen der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal übten unterdessen in einem Offenen Brief Kritik an dem Film. "Im Film wird der Eindruck erweckt, als ob die Ev. Brüdergemeinde und ihre Diakonie weiterhin Unrecht legitimieren, vertuschen oder bagatellisieren würden", heißt es in einer in dieser Woche veröffentlichten Stellungnahme. "Es wird der Eindruck erweckt, als ob die Brüdergemeinde und ihre Diakonie heute noch Orte der Gewaltausübung wären." Dies weise man jedoch entschieden zurück. (KNA)