Standpunkt

Gegen Eintrittspreise: Kirchen sind keine Museen!

Veröffentlicht am 01.11.2024 um 00:01 Uhr – Von Christoph Strack – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die französische Kultusministerin schlug vor, einen Eintritt für touristische Besuche in der wiedereröffneten Kathedrale Notre Dame zu erheben. Christoph Strack widerstrebt das: Gotteshäuser blieben stets mehr als Museen, kommentiert er.

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Die französische Kultusministerin frohlockte schon. Fünf Euro Eintritt für Notre-Dame nach der Wiedereröffnung – und das Staatssäckel wäre zum Erhalt weiterer kirchlicher Bauten gut gefüllt. 75 Millionen Euro im Jahr, mutmaßte sie. Da hatte sie nicht im Blick, dass das Gesetz genau das verbietet: Eintrittsgeld bei religiösen Gebäuden, die dem Staat gehören.

Kirchen sind teuer, ja. Kirchen sind wertvoll. Und mit Bauten wie Notre-Dame, wie dem Petersdom, dem Kölner Dom oder auch der St.-Hedwig-Kathedrale in Berlin, die am 24. November nach gut sechsjähriger Umbauzeit (länger als Notre-Dame) feierlich wiedereröffnet wird, ließe sich gewiss Geld machen. Aber um welchen Preis?

Ich schreibe diese Zeilen aus Paris, am Donnerstagnachmittag waren wir mit einer Gruppe von GKP-Mitgliedern im "Espace Notre-Dame", einem Raum zum Staunen vor der Wiedereröffnung der Kathedrale. In gut fünf Wochen öffnet der wohl bedeutendste Bau der französischen Hauptstadt wieder. Manchmal kann man auf dem Vorplatz der Kathedrale schon jetzt geradezu spüren, wie Einheimische oder Touristen dem Geheimnis der neuen alten Kirche entgegenfiebern. Von mir aus sollte Kirche bei den Besuchern freundlich um Spenden werben. Aber mehr nicht.

Kirchen sind kein Museum. Nie. Mögen Museen manchmal wirken wie geistliche Orte, bleiben lebendige Gotteshäuser stets weit mehr. Eine Einladung. Ein offenes Haus. Kostenlos. Unbezahlbar. Das gilt für alte Damen, die Morgen für Morgen zur Frühmesse schlurfen, wie für Horden von Touristen. Mir selbst ist es schon passiert, dass ich beim Umstieg im Kölner Hauptbahnhof kaum 20 Minuten Aufenthalt hatte – und doch schnell in den Dom rennen wollte. Ein Kerzchen, Blick, Trost, Rätsel.

Einige Gehminuten entfernt von Notre-Dame findet sich nördlich der Seine, gleich neben dem Schatten dem Centre Pompidou, die Kirche Saint-Merry. In ihrem Schatten nächtigen Obdachlose, spielen Straßenmusiker. Milieu. Und in dieser Kirche kann man ein Gemälde des so interessanten Malers Maxim Kantor (geb. 1958) entdecken, Maxim Karlowitsch Kantor. "Merry Cathedral" heißt das 2014 entstandene Bild. Die Kathedrale …, klar: Notre Dame. Und Kantor zeigt die Heiligen und Propheten, die Lahmen und Schwachen. Der Bau führt sie – verkürzt gesagt – geradezu in den Himmel.

Ihre Kathedrale. Unbezahlbar. Mit keinem Ticket der Welt.

Von Christoph Strack

Der Autor

Christoph Strack ist Leiter des Bereichs Religionen der Deutschen Welle.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.