Rückfall in die "Kulturrevolution"?
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Die Provinzregierung in Zhejiang an der chinesischen Ostküste hat in den vergangenen beiden Jahren rund 1.200 öffentliche Kruzifixe entfernt. Gewaltloser Widerstand dagegen führte zu Inhaftierungen - ein Rückfall in die brutale Kirchenverfolgung der sogenannten "Kulturrevolution" Maos? Pfarrer werden verhaftet, weil sie kein Schuldeingeständnis unterschreiben wollen; manche Kirchen werden gar abgerissen.
Und doch konnte in der Nachbarprovinz Henan soeben ein katholischer Bischof ordiniert werden. Die Frage des Ernennungsrechts der Bischöfe ist, ganz wie in der europäischen Geschichte, zentraler Streitpunkt der papsttreuen Untergrundkirche und der staatlich geduldeten Katholiken. Amtliche Angaben sprechen von 23 Millionen Christen in China. Seriöse Schätzungen gehen dagegen von knapp 100 Millionen - etwa 7,7 Prozent der Gesamtbevölkerung - aus, mit stark steigender Tendenz. Eine halbe Million Menschen lassen sich jährlich taufen, vor allem in protestantischen Gemeinschaften.
Der rapide Wirtschaftsaufschwung hat die Schere zwischen Arm und Reich, Stadt und Land, Erfolgreichen und Verlierern extrem geöffnet und die traditionellen konfuzianischen Moralstandards sind inzwischen vollends obsolet geworden. Auf die Frage, warum er trotz der Repressalien in die Kirche eingetreten sei, lautet die Antwort eines Konvertiten, es sei der fehlende Sinn, der die Menschen in die Kirchen treibe. Christen lechzten nicht allein nach Geld und Anerkennung, ihnen gehe es um das Evangelium und die Wahrheit.
Von Liao Yiwu, dem Literaten und Friedenspreisträger, ist vergangenes Jahr ein Buch in deutscher Sprache erschienen: "Gott ist rot: Geschichten aus dem Untergrund - verfolgte Christen in China". Gemeinsam mit einem christlichen Arzt suchte der Autor Christen auf, die ihm ihre Leidensgeschichten erzählten. Mit großer Ausdruckskraft und Einfühlsamkeit werden die Interviews eingeleitet und präsentiert. Nicht zuletzt für Christen, die sich einem dramatischen Verlust von Glaubenssubstanz bei uns konfrontiert sehen, ist das Buch eine erschütternde und aufbauende Lektüre zugleich.