"Absurde Fehlinterpretation" des Theologen und NS-Gegners

Generalvikar Pfeffer: Bonhoeffer ist kein Vorbild für Populisten

Veröffentlicht am 08.04.2025 um 08:45 Uhr – Lesedauer: 5 MINUTEN

Essen ‐ Dietrich Bonhoeffer mit Pistole? Der Essener Generalvikar und Bonhoeffer-Experte Klaus Pfeffer spricht von absurder Verfälschung. Was die Botschaft des von den Nazis ermordeten Theologen heute so aktuell macht wie selten zuvor.

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Wenn Dietrich Bonhoeffer auf Filmplakaten mit Pistole in der Hand dargestellt wird, ist das laut dem Essener Generalvikar Klaus Pfeffer eine "absurde Fehlinterpretation". In einer Mitteilung des Bistums Essen erklärte der Bonhoeffer-Experte am Montag, Evangelikale und rechtspopulistische Kreise missbrauchten Bonhoeffer inzwischen "sogar für ihre Hetze gegen den freiheitlich-demokratischen Staat". Bonhoeffer sei dagegen ein überzeugter Pazifist gewesen.

Weiter sagte Pfeffer, der evangelische Theologe Bonhoeffer, der am 9. April vor 80 Jahren von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde, habe stets danach gefragt, was sein Glaube für das konkrete Leben bedeute. So habe er früh wahrgenommen, welche Gefahren vom Nationalsozialismus ausgegangen seien. Er sei schnell zu der Überzeugung gelangt, "dass die braune Ideologie mit dem Christentum nicht vereinbar war". Deshalb habe er in seiner eigenen Kirche für eine klare Haltung gekämpft – entgegen deren Mehrheitsmeinung.

Bonhoeffer nutzte internationale Kontakte

Pfeffer berichtet, Bonhoeffer sei durch seinen Schwager Hans von Dohnanyi in Kontakt mit der Widerstandsbewegung gekommen, die das Hitler-Regime beseitigen wollte. "Bonhoeffer nutzte seine internationalen Kontakte, um die Alliierten davon zu überzeugen, dass es auch noch ein anderes Deutschland gibt, das nach einem Umsturz Unterstützung brauchte", so der Generalvikar.

Bonhoeffer habe den Widerständlern dabei geholfen, ihre Gewissenskonflikte zu bewältigen. "Was sie taten, galt letztlich als Hochverrat – und sie waren bereit zum Tyrannenmord", so Pfeffer. Doch Bonhoeffer sei davon überzeugt gewesen, dass ein Christ angesichts der NS-Verbrechen Verantwortung übernehmen und etwas tun musste, "was ihn in schwere Konflikte bringt, was ihn schuldig werden lässt und sogar das Leben kosten kann".

Liebe ohne Unterschied

Bonhoeffer sei ständig auf der Suche danach gewesen, was der Wille Gottes jeden Tag neu bedeute. "Er wusste, dass das Leben viel zu komplex ist, um es mit einfachen Wahrheiten verstehen und leben zu wollen." Eines aber sei für ihn eindeutig gewesen: "Gott ist die Liebe und er liebt wirklich jeden einzelnen Menschen – ohne Unterschied und ohne Grenzen", so Pfeffer. Deshalb wolle Gott, dass Christen die Verbundenheit unter den Menschen und Völkern in dieser Welt suchen. Damit sei klar: "Religiöse Fanatiker, ideologische Fundamentalisten und populistische Extremisten können sich nicht auf Bonhoeffer berufen – und auf Jesus Christus schon gar nicht."

Ein neuer Film über Bonhoeffer kam Ende März in die deutschen Kinos. Dieser war bereits bei seinem US-Start im Herbst 2024 von Theologen und Bonhoeffer-Nachfahren scharf kritisiert worden. Unter anderem warfen sie christlichen Nationalisten vor, den NS-Widerstandskämpfer zu vereinnahmen. (KNA)