Verfassungsrichterwahl verschoben – jetzt verbal abrüsten!

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Dass die Wahl aller drei Verfassungsrichter verschoben wurde, ist gut so. Denn die Form, in der aktuell über die Kandidatur von Frauke Brosius-Gersdorf diskutiert wird, schadet dem Rechtsstaat. Sie ist ein Zeichen dafür, dass die Sprache im politischen Diskurs immer ausgrenzender und endgültiger wird.
Auf der einen Seite schüren Aussagen von Kirchenvertretern Verunsicherung und Angst davor, dass durch die Wahl einer Verfassungsrichterin die Rückkehr zur Eugenik der Nationalsozialisten droht. Gleichzeitig darf die Kirche nicht aus der politischen Debatte geworfen werden, indem man ihr verallgemeinernd Beteiligung an Hetze vorwirft, wie es der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch tat.
Beide Seiten tappen hier in die Falle derer, die von einer gespaltenen und verängstigten Bevölkerung letztendlich profitieren. Erste Analysen zur Verbreitung der Kritik an Brosius-Gersdorf zeigen deutlich, dass es sich um eine instrumentalisierte Kampagne handeln könnte. Das Verhalten der AfD im Bundestag mit offensichtlich falschen Aussagen und dem Versuch, die Wahl (oder Nicht-Wahl) zu forcieren, ergänzen das Bild.
Ganz klar ist: Ein Gesetzesentwurf zur Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen erfordert eine breite gesellschaftliche Diskussion unter Beteiligung der Stimmen der Kirche(n). An dieser Stelle gilt aber erstmal: verbal abrüsten! Mit ihrer Wahl würde Brosius-Gersdorf Verfassungsrichterin, nicht alleinige Gesetzgeberin der Bundesrepublik. Gleichzeitig sind warnende Stimmen bezüglich ihrer Wahl keine Hetze.
Dass die Wahl der Verfassungsrichter jetzt erst nach der Sommerpause stattfinden wird, gibt hoffentlich allen Beteiligten genug Zeit, das Thema informiert zu reflektieren und dann sachlich zu diskutieren.
Etablierte Parteien der Mitte und die Kirche als Träger gesellschaftlicher und moralischer Verantwortung dürfen nicht in ihrem Dialog miteinander verrohen. Wenn hier unüberwindbare Trennungen entstehen, profitieren nur Populisten und Demokratiefeinde.
Die Autorin
Carina Adams ist Redakteurin bei katholisch.de.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.