Mit Humor und noch mehr Arbeit
Wenn sie ihre Brut füttern, hallt das aufgeregte Zirpen der Küken durch die Stille des Kreuzgangs, den die Schwestern eigens dafür präpariert haben; das Kruzifix ist mit Plastik umhüllt, die Gemälde sind abgedeckt und unter den Nestern liegen Kartons für den Kot. Alles hat hier seine mehr oder minder natur- oder gottgegebene Ordnung, abzulesen an unzähligen Details, die viel über den Geist und den Umgang innerhalb der alten Gemäuer verraten – und überdies den still-beschwingten Film der Dokumentaristin Carmen Tartarotti charakterisieren, die ihr beherztes Porträt zweier höchst eigensinniger Klosterfrauen mit erstaunlicher Beiläufigkeit aus Einzelbeobachtungen montiert.
Wachsender Respekt vor den beiden verbliebenen Nonnen
Fünf Jahre lang hat Tartarotti die resoluten Nonnen mit der Kamera besucht und an ihrem Leben teilgenommen, anfangs vielleicht aus professioneller Neugierde, was aus einem Kloster wird, in dem nur noch zwei Schwestern leben, bald aber auch aus freundschaftlicher Verbundenheit und wachsendem Respekt vor dem Ansinnen, das, was früher auf zwei Dutzend Nonnen verteilt war, jetzt zu zweit zu schultern. Denn ein Kloster, so die Schwestern, existiert nur so lange, wie es als solches auch funktioniert, also seiner Bestimmung "ora et labora", Beten und Arbeiten, nachkommt.
Die erste halbe Filmstunde besteht deshalb aus einer fast fließbandartigen Abfolge von Tätigkeiten, die treppauf, treppab über lange Fußwege zwischen Kirche und Küche, Garten und Refektorium verbunden sind: Glockenläuten, Beten, Singen, Kochen, Waschen und Bügeln. Aufräumen, Kehren, Obst verkaufen und darüber Buch führen. Blumen gießen und die Gräber der verstorbenen Mitschwestern pflegen, Nähen, Mangeln und das alte Uhrwerk aufziehen, das durch unsichtbare Seilzüge im ganzen Kloster die Stunde schlägt.
Mit Kontemplation und Stille, die man mit einem Kloster als spiritueller Institution gemeinhin assoziiert, hat das zunächst wenig zu tun. Zwar schwingt in all den handwerklichen Tätigkeiten, wenn Hefeteig ausgewalkt oder ein wollener Stoff zugeschnitten wird, eine Hingabe und Ruhe mit, die nicht vom Ende her denkt, sondern mehr dem Augenblick verbunden ist. Doch das Hauptaugenmerk des Films liegt eindeutig auf seinen beiden Protagonistinnen, die eher handfest als vergeistigt sind.
Angelika und Benvenuta, die früher Helene und Theresia Kerschbamer hießen und leibliche Geschwister sind, stammen von einem Südtiroler Bauernhof, was ihre Souveränität im Umgang mit dem Klostergut erklären mag; das autonome Wirtschaften ist ihnen gewissermaßen mit in die Wiege gelegt worden.
Rücksichtnahme auf die schwindenden Kräfte
Auch wenn die Arbeit mit den Jahren beschwerlicher geworden ist, packen die Nonnen beherzt wie Männer zu, ohne dass dies ihre zarteren, weiblicheren Seiten beeinträchtigen würde. Aus den im kernigen Dialekt knapp und bündig gehaltenen Gesprächen und Kommentaren lassen sich ihre Lebensgeschichten rekonstruieren, worin sich aber auch das allmähliche Verschwinden des klösterlichen Lebens abzeichnet; doch Benvenutas spitzbübischer Humor und Angelikas feine Demut vertreiben melancholische Anflüge im Nu; mit anarchistisch-frommer Entschiedenheit packen sie die jeweils nächste Aufgabe an oder passen die strengen Regeln des Klosters ihren schwindenden Kräften an.
Welche tiefe Zufriedenheit aus diesem monastischen Dasein erwächst, spiegelt sich im titelgebenden Sinnspruch der beiden, die sich bei aller Hingabe an Gott dennoch stets an der Wirklichkeit und nicht an religiösen Utopien orientiert haben. Formal passt der schlichte, betont einfache Film, der ohne großen Aufwand gedreht wurde und nicht auf spektakuläre Bilder aus ist, aufs Beste zur bodenständigen Authentizität seiner unbeugsamen Protagonistinnen, die mit ihrer frommen Frauenwirtschaft ganz gut gefahren sind.
Die Montage verbindet zeitlich unterschiedlich entstandenes Material zu einer fließenden Collage, die auf naheliegende Strukturierungen wie das Stundengebet oder eine chronologische Reihung getrost verzichten kann; nur die sphärische Musik von Paul Giger, in der ein schwebend-ziehendes, leicht sehnsuchtsvolles Motiv in Abwandlungen variiert wird, hebt die Alltagsbeschreibungen bisweilen dezent auf vergeistig-tere Ebenen. Die Stetigkeit der Nonnen, ihr Sinn für das Unverfälschte und Ursprüngliche, findet in der ungekünstelten Filmsprache von Carmen Tartarotti eine wunderbare Entsprechung.