Schwester Gertmaris Casser ist seit Jahrzehnten in der Seelsorge tätig

"Ich bin ein Vagabund Gottes!"

Veröffentlicht am 05.12.2015 um 00:01 Uhr – Von Martin Wißmann – Lesedauer: 
Orden

Borken ‐ Verschmitzt lächelnd sagt Schwester Gertmaris Casser über sich: "Ich war und bin viel unterwegs im Namen des Herrn". Aus der 83-jährigen Schönstätterin spricht eine ungebrochene Neugier und eine anhaltend große Lust auf das Leben. Ein Porträt.

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Die meist gut gelaunte und agile Schönstätterin ist seit Jahrzehnten mit ganzem Herzen in der Seelsorge tätig. Auch elf Jahre nach ihrem Eintritt in den Ruhestand übernimmt Schwester Gertmaris Besuchsdienste bei Familien, im Altenheim und im Krankenhaus, bringt Kranken die Heilige Kommunion, begleitet Sterbende, fährt gehbehinderte Mitschwestern. Zudem gestaltet Casser Gruppentreffen mit Frauen der Schönstattbewegung. Und sie versorgt den großen Garten.

Die Kraft für ihr anhaltend großes Engagement gewinnt die Schwester im Gespräch mit Mitschwestern und vor allem beim Empfang der Sakramente, bei Gottesdiensten und im Gebet. "Wenn ich unterwegs bin, lobe ich Gott für seine Schöpfung, bei der Arbeit danke ich ihm, dass ich Anteil daran haben darf". Der Dialog mit ihrem Schöpfer ist für Casser selbstverständlich.

"Ich arbeite für Gott und er arbeitet für mich"

"Ich arbeite für Gott und er arbeitet für mich", glaubt Schwerster Gertmaris: "Gottes Vorsehung leitet alles". Gebet und Arbeit gehören für sie untrennbar zusammen. Auch wenn mal etwas schief geht, vertraut sie auf Gott und auf Maria, die sie sehr verehrt: "Ich bin ja mal gespannt, wie Ihr das wieder hinkriegt". Sie hat immer wieder in ihrem Leben wahrgenommen: "Gott ist mein Vater und er führt mich". Ihr Gottvertrauen ist grenzenlos. Dementsprechend lautet ihr Lebensgrundsatz: "Was wir brauchen, kriegen wir, was wir nicht brauchen, kriegen wir auch nicht."

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Video: © katholisch.de

Ein spiritueller Ort - Dietger Kuller erklärt die Spiritualität einer Schönstatt-Kapelle.

Die lebhafte alte Dame erinnert sich aber auch daran, dass es in ihrem Leben andere Phasen gab. In der Hitlerzeit geboren, ist sie zunächst "ein richtiges Nazikind" gewesen, bekennt die Schwester freimütig. Sie hat deren Lieder begeistert mitgesungen und ist auch mitmarschiert. Doch etwa im sechsten Schuljahr spürt sie: "Da stimmt was nicht, da gehöre ich nicht hin".  Sie erfährt durch ihre Lehrerin vom Schicksal von Karl Leisner und Franz Reinisch. In ihr reift der geheime Wunsch, Seelsorgehelferin zu werden. Nach dem Krieg wird sie zunächst Mitglied einer neuen Gruppe der Schönstattjugend und tritt dann bei den Schönstattschwestern ein. In den ersten Jahren in der Gemeinschaft arbeitet sie da, wo sie gerade gebraucht wird: Im Garten und in der Küche, im Haus und im Stall, aber auch im Kindergarten, im Krankenhaus und im Altenheim.

"Gott braucht freiwillige Ruderer"

Nachhaltig wirken in ihr die persönlichen Begegnungen mit Pater Josef Kentenich, dem Gründer der Internationalen Schönstattbewegung, den sie mehrfach traf. Kentenich ermutigt sie, immer alles auszuprobieren. "Gott braucht freiwillige Ruderer" - solche Botschaften bleiben bei ihr hängen. Oder: "Wichtig ist, dass wir Gottes Gegenwart und Güte den Mitmenschen erfahrbar machen!"

Heute braucht es "Vorbilder, Priester, die positiv über christliche Ideale sprechen". Die wünscht Schwester Gertmaris sich und ihrer Kirche: "Wir brauchen mehr frohe Christen und mehr frohe Ordensleute, die das Positive des Christseins spürbar werden lassen". Und sie hofft darauf, dass wieder "mehr Eltern die Kraft haben, ihre Kinder loszulassen, auch wenn diese eine Entscheidung treffen für einen geistlichen Beruf, der aus Sicht der Eltern vielleicht wenig attraktiv ist". Casser betet "für unsere jungen Menschen um den Mut in Gottes Weinberg, nicht nur, weil die Arbeiter dort fehlen, sondern auch, weil diese Arbeit überaus glücklich machen kann: Ich durfte und darf es erfahren!"

Linktipp: Loyal, nicht ideologisch

Tausende Pilger aus 50 Ländern finden sich seit Donnerstagabend in dem beschaulichen Ort Vallendar am Rhein ein. Die katholische Schönstatt-Bewegung im gleichnamigen Ortsteil feiert in diesen Tagen ihr 100-jähriges Bestehen. Dort steht eine Marienkapelle - das Urheiligtum der Vereinigung, die als Vorläufer der Neuen Geistlichen Gemeinschaften gilt. Gar nicht beschaulich war die Gründung der Bewegung mitten im Ersten Weltkrieg . Wer sind diese Schönstätter?
Von Martin Wißmann