"Köln ist meine Heimat geworden"
"Köln ist meine Heimat geworden", sagt der schmale Mann in grauen Sweatshirt, Baumwollhose und Sneakers. Vor drei Jahren brach er gemeinsam mit Freunden auf in Richtung Ägypten, wo er seinen Master in Archäologie machte. Nachdem es auch dort schwierig wurde, ging es weiter in die Türkei, von dort zu Fuß Richtung Bulgarien und schließlich mit dem Bus nach Deutschland. Nach einem Monat in Unterkünften in Hemer und Burbach landete Abdullah vor 17 Monaten in Köln. Inzwischen hat er eine eigene Wohnung im Agnesviertel. "Das war nicht ganz einfach, aber es hat geklappt", lächelt Abdullah. Dass er über Vermittlung von Freunden jetzt sogar in seinem Metier arbeiten kann, ist ein weiterer Glücksfall. Im Museum sortiert der Archäologe die Sammlung, hält Vorträge und nimmt an Ausgrabungen teil.
Ausstellung ist ein "Geschenk"
Jetzt hat Abdullah, der sich als nicht praktizierender Muslim bezeichnet, noch eine weitere Aufgabe: Bei der Ausstellung "Palmyra - Was bleibt?", die von diesem Freitag bis zum 8. Mai im nahen Wallraf-Richartz-Museum zu sehen ist, bietet er Führungen auf Arabisch an. Die Schau, die historische Zeichnungen und aktuelle Karten und Satellitenbilder der antiken Stadt zeigt, nennt der junge Mann "ein Geschenk". Schließlich sei sie für ihn und seine geflohenen Landsleute eine gute Möglichkeit, die Erinnerung an dieses unwiederbringliche Kulturerbe wach zu halten.
Themenseite: Auf der Flucht
Ob Naturkatastrophen, Armut oder Terror: Täglich verlassen Menschen ihre Heimat, um anderswo ein neues, ein besseres Leben zu beginnen. Die Flüchtlinge kommen auch nach Deutschland. Das bedeutet eine große Herausforderung für Politik, Gesellschaft und Kirche.Abdullah will in Deutschland auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Er arbeitet ehrenamtlich für die "Kölner Syrienhilfe", um andere zu unterstützen, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. "Das ist wichtig." So wurde auch er in Köln heimisch - ohne Angehörige. Ein Großteil seiner Familie befindet sich derzeit in einem Flüchtlingslager im Libanon, sein Bruder ist seit kurzem in Bielefeld.
"So etwas wie Köln darf nicht passieren"
Die Gewaltexzesse der Kölner Silvesternacht, die vor allem Männer aus Nordafrika initiiert haben sollen, machen den Neu-Kölner immer noch fassungslos. "Das ist unglaublich. So etwas darf einfach nicht passieren", ereifert sich der sonst eher schüchterne Mann. Deshalb war er auch Mitinitiator der Aktion "Syrer gegen Gewalt an Frauen", die Mitte Januar auf der Domplatte demonstrierte. "Ich glaube, inzwischen ist wieder alles in Ordnung", zeigt sich der Syrer rheinisch-optimistisch. Was er aus seinem Herkunftsland vermisst? "Meine Ausgrabungsstätten!" Immerhin kann Abdullah nun seine Kenntnisse einem größeren Publikum mitteilen - in seiner alten und der neuen Sprache.