Forschen für Flüchtlinge
Für die KU ist das Thema Flucht und Migration kein Neuland. Schon seit Jahren ist die Hochschule in Theorie und Praxis damit befasst. Aus einer Initiative von Studierenden entstand die "tun-starthilfe", die Deutschkurse für Flüchtlinge anbietet und sie bei Arztbesuchen, Einkäufen oder Behördengängen unterstützt. Studierende können sich die Mitarbeit als Wahlfach anrechnen lassen. Rund 130 junge Leute engagieren sich pro Semester in dem Verein.
An der Universität gibt es auch einen Service für Geflüchtete, der von Karolina Albrecht betreut wird. Die Politologin, die selbst bei der "tun-starthilfe" anfing, berät Asylbewerber, die sich für ein Studium interessieren, vermittelt sprachliche und fachliche Qualifizierungen. Auch Menschen, die noch im Asylverfahren sind, Können sich als Studierende einschreiben. Der Deutsch-Intensivkurs, den die Flüchtlinge an der KU machen können, kann später als Integrationskurs angerechnet werden.
Das zu gründende Zentrum, dem die Hochschulgremien noch zustimmen müssen, soll die theoretischen und praktischen Aktivitäten bündeln. KU-Stiftungsratspräsident Anton Losinger ist überzeugt, dass der Themenschwerpunkt Frage Flucht und Migration nicht nur ein punktuelles Problem der Gesellschaft beschreibe, sondern auch eine langfristige strategische Frage. Die Uni wolle Ansprechpartner für Politik, Wirtschaft und Kirchen sein, Integrationsprozesse begleiten und Spitzenforscher zusammenbringen, sagte der Augsburger Weihbischof der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
van Loon: Es gibt viele "unsichtbare Bereiche"
Das Flüchtlingsthema rufe andere Fragen auf als die gängige Migrationsforschung, sagt der Soziologe Joost van Loon, Co-Sprecher der bestehenden Arbeitsgemeinschaft "Flucht und Migration" an der Hochschule. "Darum war es nötig zu sehen, welche Expertise an der Uni vorhanden ist." Es gebe viele "unsichtbare Bereiche", die zu dem Thema beitragen könnten, etwa Deutschdidaktiker und Psychologen. Gemeinsam sollten sie neue Forschungsansätze entwickeln - und von den Praktikern hören, was diese benötigten.
Angestoßen hat die neue Einrichtung die kommissarische KU-Präsidentin Gabriele Gien. "Als Bildungseinrichtung, die dem christlichen Menschenbild verpflichtet ist, sehen wir uns in der Verantwortung", sagt die Pädagogikprofessorin. "Insbesondere stellt sich für uns die Frage nach dem gegenseitigen Verhältnis von Migration, Religion und Integration." Auch seien geflüchtete Wissenschaftler eingeladen, ihre Hochschulkarriere an der Katholischen Uni fortzusetzen.
Dass das Zentrum in Eichstätt entsteht, ist kein Zufall. Die bayerische Kleinstadt gilt beim Thema Flüchtlinge als Vorbild. Die Diözese Eichstätt stellte vor zwei Jahren ein aufgegebenes Schulgebäude mitten in der Stadt mietfrei als Erstaufnahmeeinrichtung zur Verfügung. Bischof Gregor Maria Hanke lässt sich dort regelmäßig sehen und ist angetan vom guten Zusammenwirken der Verantwortlichen. Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) spricht mit Blick auf die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge sogar vom "Eichstätter Modell".
Die Tagung am Donnerstag und Freitag sei als "starker Auftakt" für den Migrations-Schwerpunkt gedacht, sagt Stiftungsratschef Losinger. Auf der Teilnehmerliste stehen neben anderen der Flüchtlingsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Hamburgs Erzbischof Stefan Heße, der Unternehmer Roland Berger und der bekannte Migrationsforscher Klaus J. Bade. Auch der Historiker Ulrich Herbert, Koranexperte Hartmut Bobzin und der Münchner Generalvikar Peter Beer werden erwartet. Die Erzdiözese München und Freising will das Zentrum mit einer beträchtlichen Summe unterstützen.