Abgeordnete in der Zwickmühle
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Nein, hilfreich ist diese Resolution nicht. Heute will der Bundestag eine Stellungnahme zum Völkermord an den Armeniern durch das Osmanische Reich vor über 100 Jahren verabschieden. Vor einem Jahr stand das Thema schon einmal auf der Agenda: zum 100. Jahrestag des Völkermordes debattierte der Bundestag erstmals über eine entsprechende Resolution. Die Entwürfe wurden aber an den Auswärtigen Ausschuss verwiesen.
Schon damals nannten Bundespräsident Gauck und Bundestagspräsident Lammert das Geschehen einen Völkermord. Genau um diesen Begriff dreht sich der Streit zwischen der Türkei und anderen Nationen. Die Türkei weigert sich, das massenhafte Abschlachten der Armenier als Völkermord zu bezeichnen.
Doch wem hilft eine Resolution heute? Sie belastet nur das ohnehin schwierige Verhältnis zur Türkei, schließt Türen anstatt bei der historischen Aufarbeitung oder gar der Versöhnung zwischen der Türkei und Armenien zu helfen. Es geht hier nicht darum, dem Druck und der massiven Beeinflussung aus der Türkei nachzugeben. Es geht um einen Akt der politischen Klugheit: eine Resolution ist eine Stellungnahme, damit man etwas gesagt hat. Konkrete politische Folgen hat sie ohnehin nicht. Stattdessen wird das Verhältnis zur Türkei weiter abkühlen. Die Gespräche für Menschenrechte, für Flüchtlingshilfe, für die Annäherung an die EU werden noch schwieriger, Erdogan noch verstockter.
Der Bundestag hätte deswegen gut daran getan, auf diese Resolution zu verzichten. Nun aber steht sie auf der Tagesordnung. Damit sind die Abgeordneten in einer Zwickmühle - denn inhaltlich ist die Resolution richtig. Nur der Zeitpunkt ist denkbar schlecht. Man hätte die Resolution entweder schon vor einem Jahr verabschieden oder in den Mühlen der parlamentarischen Verwaltung und Abstimmungsprozesse untergehen lassen sollen.