Polen fromm und frei mahnen!
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Ja, ein Weltjugendtag ist vor allem ein Glaubensfest. Junge Leute begegnen einander und erfahren, feiern Glauben in Gemeinschaft. Und nochmal ja, es ist eine internationale, fast globale Schar, die da zusammenkommt. Diese Zeilen entstehen im Zug von Berlin über Warschau nach Krakau - und allein in den zwei benachbarten, überfüllten Waggons drängen sich junge Leute aus Puerto Rico und Mexiko, Frankreich, der Schweiz und Deutschland. Auf fröhlich-frommer Tour.
Wie das bei frommen Botschaften so sein kann... Sie haben ihren Sitz im Leben. "Der Papst rechnet mit Euch", sagte Franziskus zum Abschluss des letzten großen WJT-Treffens 2013 in Rio de Janeiro. Und: "Seid revolutionär!"
Damals ging es um das Thema Familie. Was wäre, wenn der Papst, der 2013 aus der Ferne nach Europa kam, mit genau solchen Worten die Abschottung der polnischen Gesellschaft ansprechen würde? Wenn er der polnischen Jugend zurufen würde: "Habt keine Angst!", wie es weiland Johannes Paul II. bei seinem ersten Besuch im damals kommunistischen, repressiven Heimatland tat. Jener nun schon heiliggesprochene Wojtyla-Papst, der damals aus der Ferne hinter dem Eisernen Vorhang nach Rom kam. Und die Welt, durchaus revolutionär, vor einer Dominanz des Materialismus, einem Vergessen der Transzendenz warnte. So fromm wie gesellschaftskritisch. Man darf gespannt sein, wie nun der Nachfolger aus Argentinien in der Heimat des polnischen Papstes auftreten wird.
Niemand erwartet, dass Polen gut 25 Jahre nach dem Neuanfang identisch tickt wie westeuropäische Staaten. Aber die arg restriktive Flüchtlingspolitik der Regierung von Beata Szydlo und die Hartherzigkeit in der Kommunikation der politischen Akteure passen so gar nicht zur Linie des Franziskus, zu seinen Mahnungen an Europa, seinem Ideal der Barmherzigkeit. Gut, dass die Kirchen Polens seit einigen Wochen die Politik gemeinsam mahnen, sich mit der "Migrationskrise" zu befassen. Gut, dass Sant'Egidio - wie auch in anderen Ländern - nun auch in Polen humanitäre Korridore für Härtefälle aus Syrien einrichten kann. Aber es geht um mehr, um das Denken der Verantwortungsträger. Franziskus sollte - und das ist gut fromm möglich - die Jugend Polens ermutigen und dran erinnern, dass es einen weiteren Horizont als Nationalismus und Ausgrenzung von Hilfesuchenden gibt. Dieses wahrlich große europäische Land hat es verdient.