Begräbnis bei Selbstmord? Klartext.
Video im Wortlaut
Schaut man in die Bibel mit der Hoffnung, dass sie einem bei der moralischen Beurteilung eines Suizids hilft, dann wird man ehrlich gesagt ziemlich enttäuscht. Die Bibel kennt insgesamt neun Suizide im Alten Testament und im Neuen Testament den von Judas Iskariot, dem Jünger, der Jesus verraten hat. Was die Bibel allerdings an allen Stellen schuldig bleibt, ist eine moralische Verurteilung dieser Taten. Was die Bibel auch kennt, sind die Menschen, die so sehr verzweifelt sind, so sehr an ihre Grenzen kommen, so sehr am Boden liegen, dass sie sich den Tod wünschen.
Und da gibt es allen voran zwei prominente Vertreter, nämlich den Propheten Elija, der unter dem Ginsterstrauch liegt und sich nur noch wünscht zu sterben und Hiob, der in seinem Schicksal so sehr verzweifelt, dass er den Tag verflucht, an dem er geboren wurde. Im frühen Christentum waren Suizide gar nicht mal so schlecht angesehen. Es gab nämlich durchaus Frauen, die sich das Leben genommen haben, um dem eigentlichen Martyrium damit zu entfliehen. Und diese Frauen waren in der frühen Kirche hoch angesehen. Die eigentliche konsequente moralische Verurteilung von Menschen, die sich das Leben nehmen, kam dann mit Augustinus. Im Rückblick und im Rückverweis auf den miesen Verräter Judas und das Gebot "Du sollst nicht töten", wurden Menschen, die sich das Leben nahmen konsequent verurteilt.
Das ging so weit, dass ihnen irgendwann die nachträgliche Exkommunikation drohte und sie auf einem kirchlichen Friedhof keinen Platz mehr fanden. Eine Neubeurteilung kam dann nicht zuletzt durch die Zeit des Nationalsozialismus. In einer Phase, wo sich auch berühmte Christen das Leben genommen haben. Christen, deren Lieder noch bis heute gesungen werden, wie z. B. die von Jochen Klepper. Klepper, der sich zusammen mit seiner Familie das Leben genommen hat, um der Deportation zu entgehen. Jochen Kleppers Schicksal ist ein Paradebeispiel dafür, dass wir menschlichem Schicksal mit Empathie begegnen müssen und sich ein hartes Urteil an vielen Stellen schlicht und ergreifend verbietet.
Ja, es bleibt dabei: Für uns Christen ist das Leben ein Geschenk Gottes, das Leben ist heilig und wir haben kein Recht, uns am menschlichen Leben zu vergreifen. Sei es das Leben anderer, noch das eigene Leben. Und wenn Menschen so sehr am Leben leiden, so sehr in Verzweiflung geraten, dass der einzige Ausweg nur noch zu sein scheint, sich das Leben zu nehmen, dann ist es unsere Christenpflicht diesen Menschen zu helfen, dass sie die Würde, den Wert und die Qualität des Lebens wieder gewinnen. Wenn wir das nicht können, und wenn wir Menschen nicht davon abhalten können, sich das Leben zu nehmen, dann verbietet sich dennoch jede Verurteilung.
Denn uns Christen prägt die Hoffnung, dass der Gott des Lebens und der Gott der Liebe am Ende stärker ist, als der Tod - und zwar als jeder Tod. Und sei es der Tod, der durch einen Suizid herbeigeführt wird. Für alle, die selbst von einem Suizid betroffen sind, für alle, die immer wieder mit einem Suizidgedanken zu kämpfen haben, haben wir heute hilfreiche Anlaufstelle im Infokasten zusammengestellt. Ihr müsst mit dieser Herausforderung nicht alleine klarkommen, es gibt Hilfe. Nutzt sie.
Hilfe bei Suizidgedanken
Katholisch.de berichtet in der Regel nicht über Selbsttötungen, um Nachahmer zu vermeiden. Sollten Sie selbst oder Menschen in Ihrem Umfeld Suizidgedanken haben, wenden Sie sich unter 0800-1110111 oder 0800-1110222 umgehend an die kostenlose Telefonseelsorge. Dort erhalten Sie Hilfe.
Im Video-Format von katholisch.de wird Klartext gesprochen, statt um den heißen Brei herumgeredet. Pastor Christian Olding aus dem Bistum Münster kommentiert alle zwei Wochen dienstags auf katholisch.de aktuelle Themen aus Kirche und Gesellschaft. Olding macht dabei auch vor heiklen Themen nicht Halt. "Nur zu Weihnachten in den Gottesdienst?", "Christen und die Willkommenskultur?" oder "Die Rolle der Frau in der Kirche?" Mit "Klartext" gibt es neben dem "Standpunkt" ein weiteres starkes Meinungsformat auf katholisch.de.