Das Wort zum Sonntag vom 08.08.2020 spricht Gereon Alter
Nun ist endlich mal wieder ein Notruf zu uns durchgedrungen. Von den Toten, Verletzten und Obdachlosen in Beirut. Jetzt machen sich wieder Helfer auf, um Leidenden und Hilfsbedürftigen beizustehen. Aber wie war das noch vor wenigen Tagen? Da ist unsere ganze Aufmerksamkeit von ein paar "Querdenkern" in Anspruch genommen worden. Von einer kleinen Gruppe, die auf die Straße gegangen ist, weil sie meinte, uns alle befreien zu müssen. Tagelang wurde darüber berichtet, und alles andere ist hinten rüber gefallen.
Gemessen daran sind die Probleme, mit denen wir es in Deutschland zu tun haben, doch überschaubar. Und dennoch gelingt es einer kleinen Gruppe, sie derart verzerrt und übersteigert darzustellen, dass man meinen könnte, Deutschland sei das korrupteste und rettungsbedürftigste Land der Welt. – Wie bitte?
Versuchen wir doch, mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben und uns nicht in die Irre führen zu lassen. Und weiten wir unseren Blick über das hinaus, was uns eine kleine, ideologisch überdrehte Gruppe das wichtigste aller Probleme verkaufen will. Es gibt so viel, das wir ganz konkret tun können, um unsere Welt ein gutes Stück besser zu machen.
"Ich hab mich als Wahlhelferin gemeldet", hat mir gestern noch eine Freundin gesagt. "Das habe ich noch nie gemacht. Aber jetzt habe ich einfach das Bedürfnis, etwas Konkretes für unsere Demokratie zu tun." Ich denke an die vielen Lehrerinnen und Lehrer, die sich in diesen Tagen den Kopf darüber zerbrechen, wie denn der Unterricht wieder aufgenommen werden kann – und sich dabei schlicht und einfach von der Frage leiten lassen, was die Kinder brauchen und was am besten funktioniert. Eine Gruppe in meiner Kirchengemeinde macht sich gerade jetzt wieder stark für Menschen in Afrika und Lateinamerika – eben weil sie aus dem Blick geraten sind und weil die Spenden eingebrochen sind.