Der glutenfreie Leib Christi?
Woraus besteht eine Hostie?
Die Inhaltsstoffe einer Hostie sind durch das Kirchenrecht genau vorgegeben:
Das Brot muss aus reinem Weizenmehl bereitet und noch frisch sein, so dass keine Gefahr der Verderbnis besteht. (CIC Can. 924 §2)
Hostienbäckereien müssen sich an diese Regel halten. Nur dann können sie für die Feier der Eucharistie die sogenannte "gültige Materie" herstellen. Das bedeutet aber auch, dass Hostien zwangsläufig immer Gluten enthalten müssen.
Das heißt, Zöliakiepatienten können keine Hostien kommunizieren?
Doch. Die meisten Hostienbäckereien stellen glutenarme Hostien her, die auch nach dem Kirchenrecht gültige Materie sind. Das ist der Fall, wenn die Zubereitung des Brotes ohne fremdartige Zusätze möglich ist. Diese Hostien haben einen sehr geringen Glutenanteil (unter 20ppm) und dürfen nach dem Lebensmittelcodex der Europäischen Union daher als "glutenfrei" gekennzeichnet werden. Bereits 1996 hat die Deutschen Bischofskonferenz solche Hostien aus Weizenstärke für die glutenarme Variante empfohlen.
Und wie funktioniert das dann im Gottesdienst?
Viele Kirchen sind heute schon auf Zöliakiepatienten eingestellt. Im Dom in Köln und Bamberg sind diese glutenarmen Hostien zum Beispiel immer vorrätig. Wer nur eine solche verträgt, kann sich dort vor dem Gottesdienst in der Sakristei oder bei den Domschweizern anmelden. In Köln werden die glutenarmen Hostien sonntags bei den Hochämtern immer konsekriert, also bei der Eucharistiefeier mitverwandelt, wie Domdiakon Reimund Witte erklärt. Im Tabernakel befindet sich zusätzlich immer ein separates Gefäß mit glutenarmen Hostien, damit diese nicht mit anderen in Berührung kommen und somit möglicherweise kontaminiert werden.
Aber wenn jemand nun gar kein Gluten verträgt?
Auch dafür haben Hostienbäckereien eine Lösung: Die komplett glutenfreie Hostie aus Kartoffelstärke. Diese sind allerdings nach dem Kirchenrecht nicht gültig. In der Hostienbäckerei in Kevelaer werden sie deshalb nicht Hostien, sondern Oblaten genannt, erklärt Inhaber Thomas Held. Beim Versand bekämen die Hostien, die nach dem Kirchenrecht gültig sind, eine entsprechende Kennzeichnung. Der Inhaber sieht daher eine wichtige Aufgabe darin, die Kunden darüber aufzuklären, was die unterschiedlichen Arten bedeuten und wie diese mit dem Kirchenrecht vereinbar sind.
Also ist der gültige Kommunionempfang bei diesen Menschen unmöglich?
Nein. Denn auch diese Sonderfälle berücksichtigt das Kirchenrecht. Im Konzil von Trient wurde die reale Gegenwart Christi in beiderlei Gestalt, also im Brot und Wein, festgehalten. Die Kongregation für Glaubenslehre hat sich bereits 2003 ausführlich mit Personen beschäftigt, die "aus schwerwiegenden Gründen kein normales Brot" zu sich nehmen können. Sie erlaubt Gläubigen, die an Zöliakie leiden und deshalb nicht "unter der Gestalt des Brotes, auch nicht des Brotes mit wenig Gluten" kommunizieren können, die Kommunion unter der Gestalt des Weines zu empfangen.
Und was ist mit Kindern oder alkoholkranken Menschen?
Statt Wein kann auch Traubensaft verwendet werden. Allerdings muss dieser gewisse Vorgaben erfüllen. Seine Gärung darf aber nicht durch Vorgangsweisen unterbrochen worden sein, die dessen Natur verändern, wie etwa Einfrieren.
Es reicht also, einfach mit dem Priester vor der Messe zu sprechen?
Bei diesem Sonderfall ist die Umsetzung nicht ganz so einfach. Der Priester oder die Gläubigen müssen sich dazu an das Ordinariat, also das Bistum, wenden. Nur dort kann eine Dispens vom normalen Kommunionempfang in Form von Brot erteilt werden. Wenn die Situation andauert, was bei einer Allergie der Fall ist, kann die Erlaubnis des Empfangs durch Wein oder Traubensaft auch ständig gewährt werden.
Wie ist das bei Priestern?
Wenn ein Priester allein die heilige Messe feiert und nur wenig Wein zu sich nehmen kann, soll die übrige Gestalt des Weines von einem Gläubigen konsumiert werden, der an der Eucharistie teilnimmt. Schwierig wird es, wenn ein Priester nicht in der Lage ist, die Kommunion in Gestalt des Brotes zu empfangen. Für ihn ist es nicht möglich, allein die Eucharistie zu feiern oder einer Konzelebration vorzustehen.
Die Glaubenskongregation macht auch für Priester genaue Vorgaben. Bei einer Konzelebration darf ein Priester, der nicht einmal glutenarme Hostien verträgt, mit Erlaubnis des Ordinarius (meist der Bischof), die Kommunion nur in Gestalt des Weines empfangen. Wenn der Priester bei der Konzelebration keinen Wein zu sich nehmen kann (aber Gluten), darf er nur unter der Gestalt des Brotes kommunizieren.
Wie viele Menschen betrifft das eigentlich?
Laut der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft ist etwa einer von Hundert Deutschen an Glutenunverträglichkeit erkrankt. Allerdings haben nicht alle die typischen Symptome und wissen daher nichts von ihrer Krankheit. Dennoch zeigt das Angebot der Kirchen und die Vorgaben der Glaubenskongregation, dass auf Zöliakiepatienten mit ihren speziellen Problemen Rücksicht genommen werden muss, damit sie ein Teil der Eucharistischen Gemeinschaft sein können.