Kardinal Müller sieht "neue Vatileaks-Affäre"
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Die Angst, dass sich die Affäre über den an die Öffentlichkeit geratenen Beschwerdebrief einiger Bischöfe zu einer Art zweiten "Vatileaks" auswachsen könnte, mag da den einen oder anderen Synodenvater durchaus beschäftigen. Einer der Prominentesten hat diesen Verdacht nun erstmals ausgesprochen: Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Er bezeichnete es in der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" vom Dienstag als "Skandal", dass ein privates Schreiben an den Papst veröffentlich werde. Wörtlich sprach er von einer "neuen Vatileaks-Affäre" und spielte damit auf die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente vom Schreibtisch Benedikts XVI. vor drei Jahren an, die den Vatikan über Monate negative Schlagzeilen und den damaligen päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele seinen Job gekostet hatte.
Spekulationen schießen ins Kraut
Tatsächlich herrscht weiterhin Verwirrung um das Schreiben – wodurch ihm zunehmend ein konspirativer Charakter anhängt. Seit die italienische Zeitschrift "L'Espresso" am Montag das komplette Schreiben und dazu die Namen von 13 angeblichen Unterzeichnern im Internet veröffentlichte, schießen die Spekulationen ins Kraut . Bis zum Nachmittag dementierten vier der Kardinäle, den Brief unterschrieben zu haben. Er soll den Vorwurf erheben, die Synode werde manipuliert. Ein weiterer Würdenträger teilte mit, er habe ein anderes Papier unterschrieben.
In dem Interview vom Dienstag ließ Kardinal Müller nun offen, ob er selbst den Beschwerdebrief unterzeichnet habe. "Ich sage nicht, ob ich unterschrieben habe oder nicht", so der Präfekt der Glaubenskongregation. Gleichzeitig verwahrte sich der frühere Bischof von Regensburg entschieden gegen Behauptungen, er stehe nicht loyal hinter Papst Franziskus. "Ich lasse nicht zu, dass mein Gehorsam und mein Dienst für Papst und Kirche in Zweifel gezogen werden", so Müller. Als Präfekt der Glaubenskongregation sei er der "erste Mitarbeiter des Papstes". Weiter sagte er: "Ich kenne niemanden, der gegen den Papst ist."
Die Existenz des Schreibens selbst hatte am Montagabend bereits Kardinal George Pell bestätigt, der den Brief laut der Zeitschrift "L'Espresso" an Franziskus übergeben haben soll. Nach Angaben von Radio Vatikan schreibt Pell in einer Erklärung jedoch, das Schreiben sei privat gewesen und habe nicht veröffentlicht werden sollen. Gleichzeitig betonte der Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariats, das Schreiben sei in der Öffentlichkeit inhaltlich nicht ganz korrekt wiedergegeben worden und auch, was die Liste der unterzeichnenden Kardinäle angehe, seien dem Magazin "Irrtümer" unterlaufen.
Kritik an Redaktionskomitee und Abstimmungsverfahren
Laut Pell gibt es jedoch bei vielen Synodenvätern Kritik an der Zusammensetzung des Redaktionskomitees, das das Synodenschlussdokument erstelle. Genauso seien sie besorgt bezüglich des Verfahrens, nachdem das Dokument den Synodenvätern präsentiert und zur Abstimmung gestellt werden solle. Wie Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Montag noch einmal bestätigt hatte, wird die Synode am Samstag kommender Woche, also am 24. Oktober, über das Dokument abstimmen und es Papst Franziskus übergeben. Wie dieser dann weiter damit verfahre, liege jedoch ausschließlich in dessen Ermessen, so Lombardi. Der Papst hatte die Mitglieder des Redaktionskomitees für das Schlussdokument ernannt.
Themenseite: Familiensynode
Vom 4. bis 25. Oktober 2015 tritt die XIV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode unter dem Thema "Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute" zusammen. Die Themenseite bündelt die Berichterstattung von katholisch.de zur Synode.Pell sagte weiter, es gebe in der Synode Differenzen beim Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Eine "Minderheit" wolle hier die "Regeln ändern". Aus seiner Sicht gebe es jedoch keine Möglichkeit, in diesem Punkt die kirchliche Lehre zu ändern.
Konsens bei den meisten Punkten
Gleichwohl betonte Pell, dass es in der Bischofssynode in den meisten Punkten zum Thema Ehe- und Familienpastoral einen starken Konsens unter den Teilnehmern gebe. Und da liegt er wieder auf einer Linie mit Franziskus: Der Papst hatte sich schon am Dienstag vergangener Woche in der Synode überraschend zu Wort gemeldet und dabei betont, an der kirchlichen Lehre zu Ehe und Familie werde nicht gerüttelt. Seine Mahnung, die Synodenmitglieder sollten sich nicht in Verschwörungstheorien ergehen, hat nun einen ganz neuen Klang. (mit Material von KNA).