Kleines Wort mit großen Folgen
Doch wie funktioniert das? Als verpflichtender Teil der Ehevorbereitung ist vor allem das sogenannte Traugespräch vorgesehen, in dem das Brautpaar und der Pfarrer gemeinsam das Ehevorbereitungsprotokoll ausfüllen. Es werden die Personalien erfasst und mögliche Ehehindernisse oder Trauverbote überprüft. Außerdem klärt der Seelsorger über die Sakramentalität der Ehe auf und fragt nach Vorbehalten gegenüber einzelnen Elementen der Ehe. Dazu gehört zum Beispiel auch die Frage nach der grundsätzlichen Bereitschaft für Nachwuchs.
Oster: Ehevorbereitung nicht zu Routine verkommen lassen
Der Passauer Bischof Stefan Oster hatte kürzlich angemahnt, das Gespräch nicht zur Routine verkommen zu lassen. Es dürfe nicht mehr sein, dass ein heiratswilliges Paar beim Pfarrer in 20 Minuten einen Fragebogen ausfülle in der Hoffnung, keine peinlichen Fragen gestellt zu bekommen, "und dann haben die die Zulassungsbedingungen für das Sakrament der Ehe erfüllt", sagte er dem "Passauer Bistumsblatt". Die Kirche trage durch eine solche "lockere Praxis" selbst dazu bei, dass keiner mehr das Sakrament der Ehe verstehe.
Doch bietet die Kirche neben dem obligatorischen Traugespräch auch Vorbereitungsseminare an. Die dienen dem besseren Verständnis der Ehe als Sakrament, aber auch der Stärkung eigener Partnerschaftskompetenzen. "Die natürliche Basis des Sakramentes stärken", nennt Meinrad Niggl das. Der Fachbereichsleiter für Partnerschaft, Ehe, Familie und Alleinerziehende im Erzbistum München und Freising glaubt, dass es in der Ehevorbereitung nicht nur um die Vermittlung der reinen Lehre gehen könne. "Wir müssen mit den Paaren an ihren Erwartungen arbeiten", sagt er. Gleichzeitig sei es aber wichtig, die Erfahrungswerte der Menschen zu respektieren und aufzunehmen. Anteil an der Liebe Gottes zu haben, zeige sich dann in ganz konkreten partnerschaftlichen Verhaltensweisen. "Zum Beispiel wenn man sich gegenseitig aufbaut oder einander verzeiht."
Drei Themen
Die Angebote der einzelnen Bistümer unterscheiden sich zwar in Aufbau und Länge der Seminare. "Inhaltlich nehmen sie sich aber nicht viel", sagt auch Andreas Groß, Fachreferent für Ehe- und Familienberatung im Bistum Dresden-Meißen. Drei Themen tauchten in allen Seminaren mehr oder weniger auf: die organisatorische Frage "Wie läuft eine Hochzeit ab?", das Kommunikations- und Konfliktmanagement in der Ehe und schließlich auch die der Aspekt der Sakramentalität. "Natürlich klären wir die Frage, was Kirche mit Unauflöslichkeit meint und sprechen über die Glaubensweitergabe", sagt Groß.
Ob es jedoch möglich sei, das Sakrament der Ehe in all seinen Facetten zu vermitteln, weiß Groß nicht. "Wir versuchen es anschaulich – häufig mit Symbolen – zu erklären." Jedoch brächten die Paare auch unterschiedliche Voraussetzungen mit. Die einen seien mit den Grundlagen des Glaubens vertraut, die anderen stünden der Kirche eher fern. "Doch auch für die kann es wertvoll sein, wenn sie kirchlich heiraten."
Sexualität als Sprache der Liebe
Die meisten Teilnehmer kommen auf Empfehlung des zuständigen Pfarrers oder durch Aushänge, Flyer und Mundpropaganda zu den Seminaren. Andere wiederum haben sich im Internet über die Angebote informiert. Die reichen von Tages- und Wochenendseminaren bis hin zu mehreren Einzelterminen, die über einen längeren Zeitraum verteilt sind. Geleitet werden die Kurse von Pfarrern und Diakonen, Theologen und Eheberatern, aber auch ehrenamtlich von Ehepaaren.
„Wer den Sprung in das ‚Risiko Ehe‘ wagt, der kann das nicht immer alleine schaffen“
Im Erzbistum München und Freising tragen die Kurse Namen wie "Du bist ein Segen für mich", "Wir trauen uns" oder "Ehe bauen". Darin geht es auch um Zärtlichkeit und Sexualität. "Wir verstehen die Sexualität als Sprache der Liebe", erklärt der Referent Niggl. Man versuche natürlich, gegen ihre Banalisierung zu argumentieren.
Die Menschen wollten auch heute noch eine glückliche, partnerschaftliche Beziehung führen, weiß Niggl aus Erfahrung. Er und seine Kollegen seien jedoch dazu da, überzogene Erwartungen zu revidieren, die oft von einer "romantischen Überhöhung der Liebe" herrührten.
Mit Konflikten umgehen
Wichtig sei es dabei auch, mit Konflikten umgehen zu können. Einen besonderen Schwerpunkt bildet im Erzbistum München und Freising daher das Kommunikationstraining "EPL" - "Ein Partnerschaftliches Lernprogramm". Es soll auf ganz praktische Probleme in der Ehe vorbereiten. Konflikte werden konstruktiv angegangen und Regeln für den Zuhörer und den Sprecher vertiefen das Paargespräch – auch bei angenehmen Themen.
Die Kommunikation bezeichnet auch Renate Holze "als das A und O einer Ehe". Die Referentin für Familienpastoral im Bistum Essen führt das auch auf ein gewandeltes Bild von Mann und Frau in der modernen Gesellschaft zurück. Früher habe sich die Ehefrau meist gefügt.
Eine offene Tür
Heute seien dagegen beide auf Augenhöhe, was dazu führe, dass "Paare alles aushandeln müssen". Das sei kein selbstverständlicher Prozess, merkt sie an. Dennoch lohne es sich auch bei einem Streit noch einmal genauer hinzuschauen, wieso er entsteht und wie man ihn lösen kann, sagt Holze. "In der Ehevorbereitung können wir den Menschen jedoch nur eine Ahnung davon geben."
Eine Ahnung geben oder "eine offene Tür anbieten", wie es die Familienreferentin des Bistums Dresden-Meißen, Claudia Leide, ausdrückt. Dazu müsse man teilweise weg von der kirchlichen Sprache, ohne jedoch die katholische Komponente aufzugeben. "Wer den Sprung in das 'Risiko Ehe' wagt, der kann das nicht immer alleine schaffen", ist sie sich sicher. Damit eine Ehe gelinge, brauche es jedoch zwei Individuen, sagt Leide, die selbst seit 30 Jahren verheiratet ist. Nur wer sich selbst auf den Weg macht und sich entwickelt, kann auch seinen Partner inspirieren. "Das macht die Ehe lebendig", sagt Leide. Schließlich sei Ehe ja auch ein Aufbruch – und kein Abschluss.