Tag 3: Klärungen
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Am zweiten Arbeitstag legt der Generalsekretär deshalb noch einmal die Ordnung dar. Deutlich, wenngleich etwas defensiv klingend. Und dann ergreift der Papst überraschend selbst das Wort, "per chiarire". Und er ist sehr klar: diese Synode stehet in Kontinuität zur letztjährigen. Das Instrumentum Laboris ist die Grundlage der Arbeit. Die Sprachgruppen können das nun mit Beiträgen ergänzen, die konstruktiv sein sollen, bereichernd und inspirierend. Und er warnt vor der "konspirativen Hermeneutik", vor einer Sichtweise, die hinter allem eine Verschwörung wittert.
Man merkt: der Kapitän ist an Bord, und das gibt der Synode Halt und Sicherheit. Es folgen die Drei-Minuten-Beiträge der Synodenmitglieder in raschem Takt, anstrengend aber in der Vielfalt auch anregend. Zur Sprache kommt das Leiden der Kirche in der Ukraine, die Probleme von Ehen mit verschiedener Religion, die Kirche als Navi bei unerwarteten Umleitungen, die Rolle des Bösen, der Schatz der alten Menschen, die Hoffnung durch geistliche Bewegungen, die volle Gleichberechtigung der Frauen, eine gerechtere Wirtschaftsordnung, der Kampf gegen Gewalt gegen Frauen, die Schädigung des menschlichen Grundvertrauens durch totalitäre Regime, der moderne Säkularismus und noch vieles mehr. Auch meiner ist dabei, in dem es um ganz verschiedene Nöte in China, Deutschland und Ostafrika geht, und die Notwendigkeit, manche Fragen regional zu entscheiden, nicht in Rom.
Viele wollen die Kirche als Freund sehen
Die Synode hört aufmerksam zu, geklatscht wird nur selten, außer von den Auditoren. Manche Beiträge sind konzise und brillant, andere eher wortreich und vorhersehbar. Hie und da gibt es Ausrutscher, etwa wenn der Nazi-Faschismus als Vergleich bemüht wird. Aufs Ganze gesehen fällt mir auf, dass sehr oft von der Sprache der Kirche die Rede ist: viele wollen, dass die Synode nicht nur ewige Wahrheiten verkündet, sondern seelsorgerliche, begleitend, "als Freund" mit den Menschen unterwegs ist. Auffällig ist aber auch, wie viele der Bischöfe einen eher negativen Blick auf die zeitgenössische Kultur haben. Mein eigener benediktinisch-bayerischer Grundoptimismus scheint da nicht unbedingt mehrheitsfähig.
Das Synodenblog
Abtpräses Jeremias Schröder OSB von St. Ottilien nimmt an der Familiensynode im Vatikan teil. Für katholisch.de berichtet er regelmäßig direkt aus der Synodenaula.Die Pausen und die Zeiten vor und nach den Sitzungen sind faszinierend. Man entdeckt alte Bekannte, hört was es Neues gegeben hat, liest die Post, die für jeden in einen eigenem Postfach ankommt. Durch die großen Glastüren sieht man die Photographen und Kameraleute, die hoffen, Synodalen mit aussagekräftigem Gesichtsausdruck zu erhaschen. Erstaunlich ist der Papst. Er zieht nicht im letzten Moment feierlich ein, sondern er kommt eine halbe Stunde vor Sitzungsbeginn und geht an seinen Platz. Dort bildet sich sofort eine kleine Schlange von Bischöfen und anderen Synodenteilnehmern, die ein paar Worte mit ihm wechseln wollen. Darunter mischen sich dann auch die Assistenti – zumeist Theologiestudenten aus den römischen Seminarien, die für große und kleine Hilfsdienste zur Verfügung stehen. Sie verpassen wegen der Synode gerade den römischen Semesterbeginn – natürlich mit Erlaubnis. Den möglichen Punktverlust machen sie wett mit einem ziemlich unvergesslichen Erlebnis. "Sowas hat es doch seit dem II. Vatikanum nicht mehr gegeben", sagt mir einer mit leuchtenden Augen.