Die Zerrissenheit der Konservativen
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Früher, da war es leichter. Jeder Katholik wusste, wo er steht. Wer unter Johannes Paul II. und Benedikt XVI. lehramtstreu war, der war auch papsttreu. Man war voll auf Linie bei den Reizthemen: Verhütung, Frauenpriestertum, Familienbild, Zölibat oder Nicht-Zulassung Wiederverheirateter zu den Sakramenten. Umgekehrt hatten auch die progressiven Katholiken ihren Platz. Ungehorsam – mal direkt, mal weniger – gegenüber Papst und Lehre war ihr Beitrag zu Veränderungen und Teil ihrer Identität.
Umso verwunderlicher ist es, was gerade geschieht. Denn blickt man auf all diese Reizthemen, dann muss man erst einmal festhalten: Papst Franziskus ist konservativ. Dem Frauenpriestertum erteilte er eine klare Absage. Der Zölibat wird nicht abgeschafft. Und auch wenn er sagt, dass sich "Katholiken nicht wie die Karnickel vermehren" müssten, plädiert er nicht für den Einsatz von künstlichen Verhütungsmitteln. Abtreibungen geißelt er ebenso wie die "dämonische Gender-Ideologie", die in seinen Augen die Familie zerstört.
Und doch beschweren sich diesmal nicht die progressiven Katholiken; obwohl sie allen Grund dazu hätten. Es sind die selbsternannten Bewahrer der Lehre, die vor allem mit "Amoris laetitia" und der Zulassung Wiederverheirateter zur Eucharistie überfordert zu sein scheinen. Innerlich zerrissen zwischen Papst- und scheinbarer Lehramtstreue nehmen ihre Äußerungen – vom US-Kardinal bis hin zum deutschen Blogger – immer absurdere Züge an. Man spricht dem Lehrschreiben die Verbindlichkeit ab, fordert eine Klarstellung, will Franziskus formal korrigieren oder plädiert dafür, doch erst einmal auf den eigenen Bischof statt auf den Papst zu hören. Ab und zu fallen sogar Worte wie "Häretiker" oder "Schisma".
Doch woher kommt all der Hass? Wovor haben die konservativen Katholiken eigentlich Angst? Sie sagen: vor der Abschaffung des Ehesakraments. Aber es wird nicht abgeschafft. Sie sagen: davor, dass Ehebruch keine Sünde mehr ist. Doch das ist er noch immer. Sie sagen: weil die Priester nun überfordert sind. Aber das dürften sie nicht sein, weil "Amoris laetitia" bisherige Widersprüche zwischen pastoraler Praxis und Lehre aufhebt, statt sie zu zementieren.
Einzig bei einer Sache haben die Konservativen recht: Die Worte des Papstes sind nicht immer klar genug. Er sollte sich noch einmal zu Wort melden und diesem kirchenschädlichen Treiben bald ein Ende bereiten.