1200 Jakobspilger
Matt Palace ist Fotograf und gibt das Online-Foto-Magazin iso1200 heraus. Über 100.000 Menschen erreicht er regelmäßig mit seinen Bildern und Videos. Vor allem Porträtfotos mit alten Kameras, ganz klassisch auf Film, haben es ihm angetan. Er ist schon ein sehr guter Fotograf – aber das reicht ihm nicht: Er will noch besser werden.
Sein aktuelles Projekt ist monumental: Auf dem spanischen Jakobsweg porträtiert er Pilger. Insgesamt 1200 sollen es werden – verteilt auf zehn Jahre. Die ersten drei Jahre hat Palace schon fotografiert – und seine Porträts von Pilgern geben einen faszinierenden Einblick in die Vielfalt der Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostela sind.
Einige der Bilder des dritten Jahres sind hier bei katholisch.de exklusiv zu sehen.
Frage: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Pilger auf dem Jakobsweg zu porträtieren?
Palace: Ich wollte schon länger ein persönliches Fotoprojekt entwickeln. Ich wollte erstens Porträts machen, zweitens Menschen aus verschiedenen Kulturen zeigen und drittens zehn Jahre lang daran arbeiten.
Der Jakobsweg ermöglicht all das. Was auch wichtig ist: Pilger reisen mit leichtem Gepäck. Sie haben wenig dabei und lassen alles hinter sich, was zum modernen Leben gehört, aber eigentlich überflüssig ist. Auf ihren Gesichtern sieht man einen inneren Frieden: Das hat mich motiviert, mit diesem Projekt zu beginnen.
Frage: Und jetzt fotografieren Sie zehn Jahre lang das gleiche?
Palace: Ich möchte kein statisches Projekt. Jedes Jahr probiere ich etwas neues aus. Dieses Jahr zum Beispiel habe ich eine alte großformatige Kamera mit Film benutzt, um einen anderen Stil der Porträts zu erreichen.
Frage: Hatten Sie vorher mit dem Jakobsweg zu tun?
Palace: Der Camino ist nicht nur in Spanien populär, sondern weltweit. Ich habe Freunde, die ihn gegangen sind, einer hat dort sogar seine Frau kennengelernt. Und nachdem ich selbst in Santiago de Compostela gewesen bin, wusste ich: Das ist mein Projekt.
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Frage: Wie gelingt es Ihnen, so intime Porträts zu machen?
Palace: Das ist jetzt mein drittes Jahr, jedesmal bin ich zehn Tage dort. Dabei habe ich gelernt, wie wichtig Vertrauen ist, um ein gutes Bild zu machen. Die Modelle müssen entspannt sein, und deshalb rede ich viel mit ihnen.
Ich schaue dann nicht durch meine Kamera und höre ihnen zu, wie sie ihre Gefühle und Motive erklären. So vergessen sie, dass sie vor einer Kamera stehen. Ich versuche dann, etwas Persönliches von ihnen einzufangen. Ich veröffentliche dann aber nur das Foto und das Land, aus dem die Porträtierten stammen.
Frage: Was für Leute treffen Sie auf dem Jakobsweg?
Palace: Bisher habe ich 300 Pilger fotografiert, und ich habe großartige Geschichten gehört. Viele schöne, aber auch einige sehr traurige. Alle haben ganz unterschiedliche Motive, aber alle sehr starke. Es ist beeindruckend: viele von ihnen laufen einen Monat ohne Pause.
Die einen laufen aus religiösen Gründen, die anderen als persönliche Herausforderung oder weil sie allein sein und über ihr Leben nachdenken wollen. Wir alle denken darüber nach, was wir falsch machen, wo wir in die falsche Richtung gehen. Der Jakobsweg kann ein Weg hin zu Antworten sein.
Aber es gibt natürlich auch andere Pilger, die nur wegen des Abenteuers in einem fremden Land oder aus sportlichem Ehrgeiz unterwegs sind. Einen Pilger habe ich zweimal getroffen: Er ist den Jakobsweg über 60 Mal gelaufen – und er macht keine Anstalten, damit aufzuhören.