Protest der russisch-orthodoxen Kirche

Bartholomaios I. erkennt neue ukrainische Kirche an

Veröffentlicht am 16.12.2018 um 10:35 Uhr – Lesedauer: 
Der ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel
Bild: © KNA

Istanbul/Kiew ‐ Die Ukraine hat jetzt eine autonome Landeskirche. Während der Ökumenische Patriarch den Schritt begrüßt, gibt es aus Russland scharfe Proteste - und einen Appell an Papst Franziskus und Angela Merkel.

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Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., erkennt die am Samstag gegründete ukrainisch-orthodoxe Kirche an. Das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie kündigte in einer in der Nacht zu Sonntag auf Facebook veröffentlichten Erklärung an, er werde dem neugewählten Oberhaupt, Metropolit Epiphanius (39), die Bulle (Tomos) über die Anerkennung als neue "autokephale (eigenständige) Schwesterkirche" zum orthodoxen Weihnachtsfest am 6. Januar in Istanbul übergeben. Damit wird sie aus Sicht Konstantinopels allen bislang 14 eigenständigen orthodoxen Kirchen gleichgestellt.

Das Ökumenische Patriarchat nehme die "erfolgreiche" Arbeit des Kiewer Konzils "mit großer Freude und Zufriedenheit" auf, heißt es weiter. Epiphanius will am Sonntag in Kiew seinen ersten Gottesdienst als Kirchenoberhaupt feiern. Er gehörte bisher der Kirche des Kiewer Patriarchats an, die sich mit einer weiteren orthodoxen Kirche der Ukraine zusammengeschlossen hat.

Brief an den Papst und Angela Merkel

Die russisch-orthodoxe Kirche lehnt die neue ukrainische Kirche strikt ab und wirft Kiew eine Verfolgung der dem Moskauer Patriarchat unterstehenden ukrainischen Kirche vor. Patriarch Kyrill I. hatte noch am Tag vor dem Konzil in Briefen an kirchliche und politische Führungspersönlichkeiten davor gewarnt, dass es zu einer "großflächigen Verletzung der Rechte und Freiheiten der Bischöfe, des Klerus und der Laien" komme. So hätte die Ukraine versucht, die Teilnahme der zu seinem Patriarchat gehörenden Bischöfe am "Vereinigungskonzil" zu erzwingen. Bischöfe und Priester würden zudem völlig grundlos des "Hochverrats" und der "Aufhetzung zum religiösen Hass" beschuldigt. Kyrill forderte demnach Schutz vor der Diskriminierung durch die ukrainischen Behörden. Zu den Empfängern der Briefe zählen unter anderem Papst Franziskus, der anglikanische Primas Justin Welby, UN-Generalsekretär Antonio Guterres, der französische Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel. 

Die Ukraine will sich mit der am Samstag gegründeten eigenen orthodoxen Landeskirche nun auch im religiösen Bereich stärker von Russland abgrenzen. In der Kiewer Sophienkathedrale versammelten sich am Samstag mehr als 100 Bischöfe, Priester und Laien zu einem Konzil, um die Kirchenverfassung zu beschließen. Am Abend wählten sie Metropolit Epiphanius zum Oberhaupt. Als Gast nahm auch Staatspräsident Petro Poroschenko teil. In einer Ansprache vor dem Konzil betonte er, die kirchliche Unabhängigkeit sei wichtig für die "nationale Sicherheit". Die Gründung der Kirche gilt sowohl als bedeutender Schritt für die Unabhängigkeit des Landes als auch für die Vereinigung der bestehenden drei großen orthodoxen Kirchen in der Ukraine. (bod/KNA)