Was die Beichte zu einem unverletzlichen Sakrament macht

Befreiende Geheimnisse

Veröffentlicht am 17.03.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Sakramente

Bonn ‐ Mit ihren fingierten Beichtgesprächen sorgte eine italienische Journalistin vergangene Woche für Aufsehen. Viel brisanter als die angeblichen Sünden der Reporterin ist jedoch die Tatsache, dass sie die Beichtstuhlszenen heimlich aufgezeichnet und dann veröffentlicht hatte. Der Bischof von Bologna, Kardinal Carlo Caffarra, sprach von einer Beleidigung – denn die Beichte gilt den Katholiken als heiliges Sakrament, das es zu schützen gilt.

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"Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben", sagt der auferstandene Jesus Christus seinen Jüngern im vorletzten Kapitel des Johannes-Evangeliums. In diesem Herrenwort ist eine der wesentlichen Grundlagen des Sakraments der Buße zu sehen. Jesus selbst vertraut den Aposteln und damit der Kirche die Fähigkeit an, Sünden zu vergeben.

In der frühen Kirche wurde die sakramentale Buße in der Regel nur einmal im Leben empfangen. Sie ging mit einem aufwändigen Prozess, einem öffentlichen Sündenbekenntnis und der Versöhnung durch den Bischof einher. Erst im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich dann die uns heute bekannte Beichte im Sinne eines geheimen Bekenntnisses vor einem Priester. Hinzu kam die so genannte Tarifbuße, also festgelegte Bußwerke für bestimmte Sünden.

Bild: ©KNA

Lutherdenkmal auf dem Marktplatz in Wittenberg.

Allein durch Gnade?

Im Mittelalter führte diese kirchliche Bußpraxis in Verbindung mit der Ablasslehre zum System des Ablasshandels - bis die Reformatoren dagegen aufbegehrten und dem ihre Überzeugung entgegen stellten, der Mensch würde "sola gratia" (allein durch Gnade) und "sola fide" (allein durch seinen Glauben) gerechtfertigt, also von seinen Sünden befreit. Die Kirche von Rom blieb dagegen bei ihrem Glauben an die Möglichkeit des menschlichen Beitrags zur Versöhnung mit Gott und der Kirche durch Werke der Buße.

Das Sakrament der Buße kann nach katholischer Lehre empfangen, wer seine Sünden bereut und sie vor einem Priester bekennt. Dabei unterscheidet die Kirche zwischen schweren Sünden, so genannten Todsünden, und lässlichen Sünden. Im Apostolischen Schreiben " Reconciliatio et Paenitentia " von Papst Johannes Paul II. werden Todsünden definiert als Taten, durch die der Mensch bewusst die Liebe Gottes zurückweist. Das sind insbesondere Taten, die einen Bruch eines der zehn Gebote bedeuten. Die Sünde muss dabei bewusst und aus freiem Willen geschehen.

Todsünden müssen gebeichtet werden

Nur solche Todsünden müssen von Jugendlichen und Erwachsenen – nach geltendem Recht einmal im Jahr – in der Beichte bekannt werden. Das Bekenntnis der lässlichen Sünden wird jedoch empfohlen. Das Bekenntnis einer etwaigen schweren Sünde ist zudem Voraussetzung für den Empfang der Eucharistie. Denn das Recht sieht vor, dass niemand die Kommunion empfangen darf, der sich bewusst ist, eine schwere Sünde begangen zu haben, diese aber nicht gebeichtet hat.

Eine Absolution, also die Lossprechung von den Sünden durch den Priester, kann nur nach einer persönlichen und geheimen Beichte erfolgen. Zwar gibt es auch Bußgottesdienste mit einem allgemeinen Schuldbekenntnis, die individuelle Sündenbeichte können und sollen diese jedoch nicht ersetzen. Der Beichtvater kann dem Pönitenten, also dem Beichtenden, die Absolution nicht verweigern, sofern keine Zweifel an dessen Reue bestehen. Er hat ihm jedoch zugleich angemessene Bußwerke aufzutragen.

Das Sakrament der Buße kann nur spenden, wer die Priesterweihe empfangen hat. Zudem muss der Spender befugt sein, von den Sünden loszusprechen. Die allgemeine Befugnis, dies auf der ganzen Welt zu tun, haben allein der Papst und die Kardinäle. Diözesanbischöfe dürfen in ihrem Gebiet auch anderen Bischöfen im Einzelfall verwehren, das Sakrament zu spenden.

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Video: © Mediaplus X und Bernward Medien

Ein Beitrag der Serie "Katholisch für Anfänger". Die Zeichentrickserie erklärt auf einfache und humorvolle Art zentrale Begriffe aus Kirche und Christentum. In dieser Folge geht es um die Beichte und ihre Bedeutung im christlichen Glauben.

Allerdings ist es für Katholiken auch möglich, die Sakramente, darunter die Buße, von einem nicht-katholischen Spender zu empfangen. Dazu gibt es bestimmte Voraussetzungen, etwa, dass das Sakrament in der Kirche des Spenders nach katholischem Verständnis gültig gefeiert wird. Das ist etwa bei orthodoxen Christen der Fall. Es muss dem Gläubigen jedoch physisch oder moralisch unmöglich sein, einen katholischen Spender aufzusuchen. Eine solche Situation entsteht beispielsweise dann, wenn der einzig mögliche katholische Spender mit dem Pönitenten verwandt ist.

Die Beichte muss geheim bleiben

"Das Beichtgeheimnis ist unverletzlich", erklärt das Kirchenrecht. Dies gilt für den Pönitenten, insbesondere aber für den Spender des Sakraments. Als Spender des Bußsakraments handelt der Priester an Christi statt. Es ist nach dem Glauben der Kirche letztlich nicht ein Geistlicher, der von Sünden losspricht und versöhnt, sondern Christus selbst.

Wer als Beichtvater dieses Geheimnis verletzt, zieht sich automatisch die Exkommunikation als Tatstrafe zu, sie muss also nicht mehr explizit ausgesprochen werden. Dies dient dem Schutz der Intimsphäre eines jeden Menschen, welche vom Kirchenrecht ebenfalls garantiert wird. In Deutschland wird das Beichtgeheimnis zudem durch staatliches Recht geschützt. Beichtväter genießen demnach ein Zeugnisverweigerungsrecht über Personen und Informationen, die sie in der Beichte erhalten haben.

Die heftigen Reaktionen auf die Veröffentlichung der italienischen Journalistin sind in diesem Licht zu sehen. Selbstverständlich steht es jedem Gläubigen frei, seine Sünden nicht nur im Beichtstuhl, sondern auch in aller Öffentlichkeit zu bekennen. Doch die sakramentale Beichte ist ein Akt, der tief in die Privatsphäre eines Menschen reicht und daher einen besonderen Schutz genießt. Eine "große Respektlosigkeit gegenüber den Gläubigen", wie es Kardinal Caffarra von Bologna nannte, können somit auch Gläubige selbst begehen, wenn sie das Geheimnis der Beichte verletzen.

Von Kilian Martin