Bischofskonferenz weist Kritik an Missbrauchs-Aufarbeitung zurück
Die Deutsche Bischofskonferenz wehrt sich gegen die Kritik an ihrer Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs: "Den Vorwurf, es gebe keine gemeinsame Strategie, weisen wir zurück, weil das Gegenteil durch den Beschluss der Vollversammlung von Fulda der Fall ist", sagte Sprecher Matthias Kopp am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Die Kritik des Leiters der Forschergruppe, die im Herbst eine wissenschaftliche Studie über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche vorlegt hatte, "überrascht uns", so Kopp weiter: "Die deutschen Bischöfe haben umgehend nach Erscheinen der MHG-Studie einen Maßnahmenkatalog beschlossen, welche Konsequenzen aus der Studie abgeleitet werden. Dieser Maßnahmenkatalog wird kontinuierlich bearbeitet." Erst vor wenigen Wochen habe der Missbrauchsbeauftragte, Bischof Stephan Ackermann, einen Statusbericht vorgelegt hat, "der gezeigt hat: Die Bischöfe arbeiten gemeinsam an den Themen."
Der Leiter der Forschergruppe, der Mannheimer Psychiater Harald Dreßing, hatte den Umgang der Bischöfe mit dem Thema Missbrauch kritisiert. Er könne bei ihnen "bisher keine gemeinsame Strategie erkennen, weitere Forschungsarbeiten in Gang zu setzen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag).
Auch die Äußerungen einzelner Bischöfe zu den Ergebnissen der Studie und den daraus abzuleitenden Konsequenzen seien höchst verschieden. Der Wissenschaftler wies zudem darauf hin, dass mit der Studie die Aufarbeitung des Missbrauchs keinesfalls erledigt sei. Sie könne allenfalls der Auftakt für weitere Forschungen sein.
Dreßing: Nationale Dunkelfeldstudie notwendig
Sinnvoll wäre aus seiner Sicht auch "eine nationale Dunkelfeldstudie mit einer großen repräsentativen Stichprobe". Zudem müsse die Präventionsarbeit genauer unter die Lupe genommen werden. Ohne Evaluation bleibe diese "im besten Fall Stückwerk. Im ungünstigen Fall kann sie von Verantwortlichen als Feigenblatt missbraucht werden, um notwendige strukturelle Reformen zu vermeiden."
Die Aufarbeitung müsste aus Dreßings Sicht "überregional erfolgen, nach einheitlichen Standards und unter Einbeziehung der Betroffenen". In diesem Zusammenhang müssten auch die Strukturen noch näher untersucht werden, die die Vertuschung des Missbrauchs begünstigt haben: "Dabei ist natürlich auch damit zu rechnen, dass Verantwortliche benannt werden, die vielleicht noch leben, wenn nicht sogar noch in Amt und Würden sind." Für ihn, so der Psychiater weiter, sei es "schon erstaunlich, dass nach der Veröffentlichung unserer Studienergebnisse viel von Scham und Schuld gesprochen wurde, aber nicht von konkreter und persönlicher Verantwortung".
Missbrauch in Institutionen könne sich nie völlig vermeiden lassen, ergänzte Dreßing. Man könne aber die für eine Institution spezifischen Risikokonstellationen verändern: "In der katholischen Kirche könnte dies zum Beispiel bedeuten: die Beschränkung klerikaler Macht, eine Reform ihrer Sexualmoral, die wissenschaftliche Erkenntnisse ausblendet, eine Abschaffung des Pflichtzölibats oder, wenn man daran festhalten will, eine adäquate Begleitung von Priesteramtskandidaten dabei. Hilfreich wäre auch eine Aufbrechung der geschlossenen Männerbünde, zum Beispiel durch die Zulassung von Frauen zu Weiheämtern." (KNA)