"Der Heiligkeit des Sakraments angemessen"
Jetzt im Spätsommer beginnt an vielen Orten die Weinlese. Weinverkostungen gibt es allerorten - und bei manchen ist vielleicht auch der ein oder andere Priester dabei, der einen neuen Messwein sucht. Immerhin werden in einer Durchschnittsgemeinde rund 50 Flaschen im Jahr verbraucht, rechnet der Neusser Pastor Jochen König vor. Bei einer Messe täglich komme ein Priester etwa mit einer Flasche Wein pro Woche hin, schätzt der 74-Jährige.
Schließlich gehört Messwein zur Eucharistie wie das "Amen" in die Kirche, wie Michael Becker, Regens des Priesterseminars Trier erklärt. Jesus habe dieses Sakrament gespendet und den Menschen gesagt: "So oft ihr das Brot brecht und den Wein trinkt, tut es zu meinem Gedächtnis". Und bei Brot und Wein bleibt es auch, das ist ein Kirchengesetz.
Das wurde wohl nötig, nachdem "offensichtlich Missbrauch in Rom angezeigt wurde", so Becker. Um die Qualität sicherzustellen, seien die Lieferanten für Messwein früher vereidigt worden, erklärt der Regens. Angehende Priester lernen bei ihm im Priesterseminar die Hintergründe des Weingebots - keine Chance also für "Bier und Currywurst" als vermeintlich zeitgemäßere Alternative. Als Entscheidungshilfe kann auch die neueste Messweinverordnung vom Juni 2014 helfen. Darin heißt es, dass Wein in einer Qualität zu verwenden sei, "die der Heiligkeit dieses Sakramentes angemessen ist".
Doch beim Wein ist das Angebot riesig, Wein ist nicht gleich Wein. Welcher kommt in Frage? Bis Mitte des 15. Jahrhunderts sei - auch um näher am Bild vom "Blut Christi" zu bleiben - ausschließlich Rotwein verwendet worden, erklärt Becker. Und präzisiert: "Der Wein für die Eucharistiefeier muss vom Gewächs des Weinstocks stammen - ohne Beimischung von Farbstoffen", also naturbelassen ohne weitere Zusätze.
Auch Sherry und Portwein
Man könne mit Fug und Recht behaupten, dass Rotwein "aussagekräftiger für das Blut Christi" wäre. Aber in den liturgischen Büchern gebe es keine Vorschrift, welche Farbe der Messwein haben müsse. Deshalb sei es heute egal, ob Rot- oder Weißwein in den Kelch fließen. Laut Becker sind auch Sherry oder Portwein erlaubt. Am Altar darf nur ein sogenannter naturreiner Qualitätswein ohne Zusatzstoffe zum Einsatz kommen. Die letzte Entscheidung liege aber beim Pastor, sagt Pastor Jochen König, Hauptsache "nicht gepanscht". Bei der Wahl ihres Messweins haben die Pfarrer also Entscheidungsspielraum, "der Bischof mischt sich da nicht ein", bestätigt Becker. Sein Heimatpfarrer habe immer Wein aus dem griechischen Samos verwendet. Dieser wird dort seit 3.000 Jahren gekeltert; auch der Vatikan hat ihn als Messwein auserwählt.
Weil es sich aber nicht nur um Wein handelt, sondern um das Blut Christi, muss der Kelch immer bis auf den letzten Tropfen geleert werden. Das richtige Maß zu finden, liegt in der Verantwortung des Priesters. Wenn König alleine die Messe feiere, gieße er "nur ein bisschen" Wein in den Kelch. Es gebe aber durchaus Priesterkollegen, die portionierten etwas großzügiger, erläutert der Priester schmunzelnd.
Karsten Weyand, Direktor der bischöflichen Weingüter in Trier, beobachtet derweil, dass es "durchaus Trends zu beobachten" gebe. Früher hätten viele Pfarrer schwere süße Weine bevorzugt. In den vergangenen Jahren kämen viel mehr feinherbe Weine zum Einsatz, "wobei feinherb dann das klassische halbtrocken ist". Egal ob trocken oder lieblich - der für die Messe benötigte Qualitätswein müsse einen Mindestalkohol von 7,5 Prozent haben, Tendenz nach oben offen, so Weyand.
Auch wenn Messwein für die Eucharistiefeier obligatorisch ist - die "entschärfte" Version ist ebenfalls erlaubt. Denn sollte ein Pfarrer bedingt durch eine Alkoholkrankheit oder andere gesundheitlichen Einschränkungen keinen Wein trinken, genehmige der Bischof, "dass statt Wein Traubensaft verwendet werden darf", erklärt Becker.