Der Mönch, der das Bauhaus in die Eifel brachte
Der Benediktiner hatte ein bewegtes Leben, schon vor seinem Ordenseintritt: Als Leutnant im Ersten Weltkrieg hochdekoriert, Studium am Bauhaus in Weimar, später leitete er die Keramische Werkstatt des Bauhauses. 1925 ein schwerer Schlag: Boglers Frau tötet sich, am Karfreitag, seinem Geburtstag. Erst vier Tage später findet Bogler den Leichnam. Er wird katholisch, tritt auf Vermittlung von Romano Guardini in die Abtei Maria Laach ein. Das Kloster war damals ein wichtiger Ort für die liturgische Bewegung. Bei den Benediktinern wirkt er als Prior, er baut den Verlag "Ars Liturgica" auf, ist ein Mitbegründer des Liturgischen Instituts in Trier und publiziert zur Theologie der Liturgie.
Linien und Formen prägen sein Werk
Schon diese Schlaglichter auf seine Biographie zeichnen Bogler als interessante Figur. In der Laacher Ausstellung, für die eigens die ehemalige Schreinerei des Klosters zu einem kleinen Museum – inklusive Café und Shop – umgebaut wurde, nimmt sie aber nur kleinen Raum ein. Sachlich und knapp schildern Text- und Bildtafeln das Leben des im nordhessischen Hofgeismar geborenen Künstlers. Der Großteil der Ausstellung zeigt sein keramisches Werk: einige wenige plastische Arbeiten, hauptsächlich aber die Gebrauchskeramik.
Eindrücklich ist die Statue eines Mönchs, die Bogler vor seinem Eintritt ins Kloster geschaffen hat: Eine strenge geometrische Linienführung formt den Habit des Benediktiners, das langgezogene Gesicht mit großen, staunenden – oder erschreckten? – Augen schaut unter der Kapuze hervor. Die Bildsprache ist typisch für seine bildnerischen Darstellungen: Mehrere Kruzifixe zeigen Jesus konstruiert aus zwei fließenden Linien, tot und gebrochen am Kreuz, auf die Kreuzabnahme und die Auferstehung wartend. Eine Serie von drei Köpfen, die in der Ausstellung erstmals zusammen zu sehen sind, erinnert in ihrer ausdrucksstarken Betonung zugleich an seine so unterschiedliche Zeitgenossen Max Beckmann und Paul Klee: Beckmanns Realismus spricht aus der ersten der Büsten, während zwei Büsten, die Boglers Frau darstellen und erst nach ihrem Tod entstanden sind, an Klees Darstellung von Engeln erinnern.
Die Abteikirche inspiriert das Bauhaus-Design
Im Bauhaus in Weimar hatte Bogler den Vorkurs bei Johannes Itten absolviert und besuchte den Unterricht von Lyonel Feininger. Der Einfluss der kräftigen Farbfelder und geometrischen Konstruktionen Ittens wie die expressionistischen flächigen Werke Feiningers zeigt sich auch in der Gestaltung der Gebrauchskeramik: Teils aufwendige mehrfarbige Glasuren, teils geometrische konstruierte Formen und Ornamente zieren die ausgestellten Stücke.
Dabei sind diese Einflüsse keine Einbahnstraße: Nicht nur die Bauhaus-Ästhetik hat ihren Weg nach Maria Laach gefunden, auch umgekehrt ist der neue Wirkungsort Inspiration für die Bildsprache des Mönchs: Ein wiederkehrendes Element sind rote Ränder an den Öffnungen der Gefäße. Bogler nimmt dabei die Akzentuierung der Fenster des Laacher Münsters auf. Auch die Ornamentik ist von der Klosterkirche beeinflusst: Elemente der romanischen Friese finden sich in der Bemalung der Keramik wieder. Immer wieder taucht der Pfau auf, ein Symbol für die Auferstehung: Das Vorbild ist ein Mosaik in den Arkadenbögen der Kirche.
Symbiose von Kunst und Handwerk
Gemeinsam ist den ausgestellten Werken der hohe Gebrauchswert: Boglers Kunst folgt der Bauhausmaxime der Synthese von Kunst und Handwerk. Schön ist, was funktioniert. Diese Funktionalität bei gleichzeitig größter Kunstfertigkeit lobt auch der gegenwärtige Leiter der Laacher Keramikmanufaktur, Bruder Stephan. Der junge Mönch hebt hervor, dass die scheinbar einfachen, fließenden Formen der Vasen und Kannen in der Herstellung auf der Töpferscheibe sehr anspruchsvoll sind. Es brauche genau die richtigen Proportionen von Standfläche, Bauch und Öffnung, um stabil und standfest zu sein und dabei ästhetische Formen zu schaffen.
Die grundsätzliche Formensprache stammt dabei direkt vom Bauhaus; im von Bauhausprofessoren in Weimar gemeinschaftlich entworfenen und ausgestatteten Musterhaus "Am Horn" war Bogler für die keramischen Gefäße zuständig. Die ikonischen Formen der Vorratsdosen und -flaschen für Mehl, Zucker, Salz und Öl findet sich auch in seinen Laacher Entwürfen wieder. Und zwar nicht nur dort, wo man es erwartet, etwa bei einer modernistischen Multifunktions-Teekanne, sondern auch bei den von ihm entworfenen liturgischen Gegenständen. "Das Bauhaus passt sehr gut zu den Benediktinern", sagt auch die Glasmalerin der Keramikmanufaktur, Andrea Lange. Sie hat ihr Handwerk in Meißen gelernt, wo es üppiger und ornamentaler zugeht als in Boglers Werkstatt. Doch genau das gefällt der Sächsin an ihrem gegenwärtigen Wirkungsort. "Das Bauhaus ist schlicht, einfach, funktional. Das entspricht auch den benediktinischen Regeln", erläutert sie.
Gut vernetzt
Über 500 Objekte umfasst die Ausstellung, fast alle entstammen dem Archiv der Abtei. Überladen wirken die kleinen Ausstellungsräume dadurch allerdings nicht. Die Kuratoren haben Wert darauf gelegt, möglichst wenig hinter Glas zu stellen, so dass viele der Werke ohne störende Spiegelungen von allen Seiten betrachtet werden können. Die Entwicklung des Werks Boglers, die Bezüge zwischen den verschiedenen Gegenständen, Schaffensphasen und Kooperationspartnern – Bogler war gut vernetzt mit führenden keramischen Betrieben wie der Karlsruhe Majolika – sind dank der Aufstellung gut nachvollziehbar.
Die engen Kontakte zum Bauhaus zeigen sich auch in Details. Nicht nur auf die Werke selbst sollte man achten, sondern auch auf Leuchtmittel und Möbel, die zur Präsentation der Keramik verwendet wurden: Ein Neubau aus der Zeit des Priorats von Bogler wurde mit Tischen, Stühlen, Schränken und Lampen aus dem Bauhaus ausgestattet; viele davon existieren heute noch und tauchen in der Ausstellung wieder auf.
Der Liturgiker kommt zu kurz
Die alte Schreinerei und Lehrlingswerkstatt, die zum Museum umfunktioniert wurde, befindet sich in der Klausur der Mönche. Das macht den Besuch etwas exklusiv: Stündlich werden Besucher an der Pforte abgeholt, wer zu spät kommt, muss auf den nächsten Einlass warten. Geführt wird dann von Mönchen und Mitarbeitern der Keramikmanufaktur; auch ein Audioguide und ein umfangreicher Katalog erschließen die Sammlung. Das ist auch nötig: Viel Kontext ist den Stücken nicht beigegeben. Insbesondere bei den liturgischen Gegenständen, darunter nicht nur Gefäße, sondern auch zwei Messgewänder und Ambonen aus Metall, wäre eine bessere Einordnung hilfreich. Hier zeigt sich, dass die Federführung bei den Mitarbeitern der Keramikmanufaktur lag. Das Augenmerk liegt vor allem auf dem Kunsthandwerker Bogler; der von Romano Guardini beeinflusste Liturgiker Bogler kommt etwas zu kurz in der Ausstellung, der Raum mit liturgischem Schwerpunkt wirkt etwas kontextlos an die Ausstellung angeflanscht.
Trotz dieser kleineren Mängel: Der Besuch in der Laacher Bogler-Ausstellung lohnt sich. Weit weg von den bekannten Bauhaus-Orten Dessau, Weimar und Berlin zeigt sie den Einfluss der bedeutendsten deutschen Designschule, die bis heute noch nachwirkt – bis in die Eifel, bis ins Kloster.