Vor 475 Jahren bestätigte Papst Paul III. den Jesuitenorden

Eine besondere Gesellschaft Jesu

Veröffentlicht am 27.09.2015 um 14:00 Uhr – Von Alexander Brüggemann (KNA) – Lesedauer: 
maria ward
Bild: © KNA
Orden

Rom ‐ Am 27. September 1540 bestätigte Papst Paul III. den Jesuitenorden. Schnell wurden die Ordensmänner zu einer Größe, mit der man rechnen musste – weltweit. Das rief natürlich auch Neider auf den Plan.

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Der fromme baskische Adlige Ignatius von Loyola (1491-1556) hatte in den 1530er Jahren eine Gruppe Gleichgesinnter um sich geschart. 1534 gelobten sie eine gemeinsame Pilgerfahrt nach Jerusalem: die Geburtsstunde der Jesuiten. Ihr Ziel war eine geistliche Erneuerung durch eine tiefe Christus-Beziehung - in ausdrücklichem Gehorsam gegenüber dem Papst.

Doch manches war sehr außergewöhnlich an der neuen Gemeinschaft: das sehr rasche und weite Ausgreifen nach Übersee etwa. So reiste der Mitbegründer des Ordens, Francisco de Xavier (Franz Xaver, 1506-1552), zur Mission nach Indien (1541), auf die Molukken und nach Japan (1549). Andere zogen nach Äthiopien. Besondere Erfolge wurden die Missionen in China und in Südamerika.

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Video: © steyl medien e.V.

Ignatius von Loyola ist Patron der Exerzitien, der Kinder, Schwangeren und der Soldaten. Ignatius prägte nachhaltig den Jesuitenorden mit seinen „Geistlichen Übungen”. Ein Leitfaden zur Meditation und religiösen Unterweisung. Starre Regeln innerhalb der Gemeinschaft wie einheitliche Ordenstracht oder feste Gebetszeiten kennt der Orden nicht. Ignatius wurde 1622 heiliggesprochen. Bis heute zählt er zu den Ein Porträt des Gründers der Jesuiten.

Große Erfolge, viel Neid

Und noch etwas unterschied die Jesuiten von anderen. Schon sehr bald engagierten sie sich intensiv in der Gründung von Schulen für Laien. Sie wurden so, wie der Ordenshistoriker John O'Malley beschreibt, "in viele Bereiche der weltlichen Kultur hineingezogen": Jesuiten wirkten "als Dichter, Astronomen, Architekten, Anthropologen, Theaterleute und vieles mehr".

Doch der Erfolg schuf auch Neider. Schon seit seiner Gründung im 16. Jahrhundert hafteten dem Jesuitenorden viele Vorurteile an, die sich als sehr haltbar erwiesen haben. Ein Grund dafür war sicher auch, dass die 1552 weitgehend ausgearbeiteten Ordensstatuten (Constitutiones) bis 1762 sorgsam geheim gehalten wurden; ein willkommener Nährboden für Verschwörungstheorien. Intrigant und nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht, die Interessen des Ordens über alles andere stellend - so konnten politische Gegner den international erfolgreichen Orden über die Jahrhunderte immer wieder diskreditieren.

Geheimhaltung befeuert Verschwörungstheorien

Ein besonders wirksames Beispiel waren die "Monita secreta", die sogenannten geheimen Instruktionen der Jesuiten. Diese Schrift, in der Form einer ordensinternen Anweisung des Generals an die Provinzialoberen formuliert, erschien erstmals 1614 gedruckt. Und obwohl sie wissenschaftlich längst als eine Fälschung identifiziert sind, befeuern sie bis heute Negativurteile über die "Gesellschaft Jesu".

Die "Monita" legen etwa nahe, dass die Leitung des Ordens dazu auffordere und instruiere, reiche Witwen zur Erblassung an die Jesuiten zu bewegen, Organisationen und Parteiungen zu gründen und dann gegeneinander aufzuhetzen; Regierungen durch finanzielle und politische Manöver zu stärken oder zu Fall zu bringen; Monarchen, Politiker und Bankiers über Ränke oder über den Beichtstuhl vor den Karren der Ordensinteressen zu spannen; kurz: immer und überall seine Finger ins Spiel zu bringen, ja das Spiel letztlich in die eigene Richtung zu lenken und dabei selbst vor Kriegen nicht zurückzuschrecken. Bis heute haftet der Gesellschaft Jesu eine angebliche "Jesuitenmoral" an, die je nach der Notwendigkeit des Augenblicks Gutes als schlecht und Schlechtes als gut darzustellen wisse.

Wenn sich auch der Glaube an die Echtheit nicht durchsetzte - nach dem Motto "etwas bleibt immer hängen" spielten diese Unterstellungen auch bei den Verboten des Ordens im 18. und 19. Jahrhundert eine Rolle. Immer wieder haben die Jesuiten in den Zeitläufen der Kirchengeschichte und der politischen Zeitgeschichte dramatische Phasen zu überstehen gehabt: vom Wiener Kongress über den Kulturkampf in Preußen und das Dritte Reich bis hin zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) und der nachkonziliaren Krise und Konsolidierung der Kirche.

Konflikte innerhalb des Ordens

In einigen Phasen bekam die vielbeschworene Einheit der "Gesellschaft Jesu", die doch aus so vielen hoch begabten Individualisten besteht, Risse; Differenzen innerhalb des Ordens brachen auf. Das gilt etwa für die Auseinandersetzungen um "Modernismus" und "Integralismus" zu Beginn des 20. Jahrhunderts oder in den Jahren der Neuorientierung nach dem Zweiten Vatikanum. Damals geriet der Orden auch in die Auseinandersetzung um die lateinamerikanische "Theologie der Befreiung" und durchlebte eine seiner schwersten Krisen.

Kindern mit Bildung eine Zukunftsperspektive bieten: Seit 2005 begleitet der JRS in Afghanistan zurückgekehrte Flüchtlinge, die viele Jahre im Exil in Iran oder in Pakistan gelebt haben.
Bild: ©Jesuitenmission

Kindern mit Bildung eine Zukunftsperspektive bieten: Seit 2005 begleitet der Jesuiten-Flüchtlingsdienst in Afghanistan zurückgekehrte Flüchtlinge, die viele Jahre im Exil in Iran oder in Pakistan gelebt haben.

Heute ist er wieder so international aufgestellt wie zu Zeiten der China- und Japan-Mission oder der Jesuiten-Reduktionen in Paraguay. Rund 16.500 Mitglieder hat die "Gesellschaft Jesu", und mit Franziskus stellt sie erstmals in ihrer fast 500-jährigen Geschichte das Oberhaupt der katholischen Weltkirche, den Papst. Eigentlich ist es den Jesuiten qua Statuten verboten, nach kirchlichen Ämtern zu streben. Aber wenn man sie nun einmal hat? Dass den Mitgliedern seines Ordens eine gewisse Weltgewandtheit und Wendigkeit zu eigen ist, dafür gibt auch Papst Franziskus fast täglich neuen Beleg.

Von Alexander Brüggemann (KNA)