Elftes Gebot der Borgia: Vergiss die ersten zehn
Nachdem die erste Staffel der internationalen Produktion 2011 mit rund fünf Millionen Zuschauern pro Folge ein voller Erfolg war, spinnt der "verruchte Papst-Clan" (Senderwerbung) um Rodrigo, Cesare und Lucrezia Borgia ab Montag (30. September, 20.15 Uhr) für weitere sechs Hundertminüter seine Intrigen um religiöse und weltliche Herrschaft.
Schon bei der Werbung für die neuen Folgen spart das ZDF nicht mit reißerischen Elementen. "Vergib ihnen ihre Schuld" prangt auf dem "Borgia"-Presseheft, das die Form eines gotischen Kirchenfensters hat. Eine marmorne Engelsstatue schlägt die Hände vors Gesicht, rechts neben ihr die ebenfalls betroffen blickende Lucrezia (gespielt von Isolda Dychauk). Im Hintergrund die Apsis des Petersdoms - allerdings spiegelverkehrt, wie die lateinische Inschrift entlarvt. Auch mit plakativen Sinnsprüchen wie "Das elfte Gebot der Borgia: Vergiss die ersten zehn" zieht das Heft die Blicke auf sich. Und passt damit zum Gesamtprojekt "Borgia".
Noch mehr Intrigen
Die zweite Staffel werde "noch intrigenhafter, noch saftiger und noch inhaltsstärker", versprach ZDF-Fernsehfilmchef Reinhold Elschot bei der Pressevorführung in Hamburg. Das zeigt sich gleich in den ersten paar Minuten der Saga, die 1497 einsetzt. Rodrigo Borgia (John Doman) hat als Papst Alexander VI. seinen Machtzenit überschritten, ist kraftlos, depressiv und abhängig von der Droge Vitriolo. Im Mittelpunkt steht nach dem Tod von Rodrigos Sohn Juan dessen jüngerer Bruder Cesare (Mark Ryder). Dieser will den Kardinalshut an den Nagel hängen, um sich als Feldherr weltliche Macht anzueignen - und Carlotta, die Verlobte eines Rivalen. Lucrezia, schwanger von ihrem Bruder, lebt indes völlig zurückgezogen. Bettszenen, spritzendes Blut und splitternde Knochen weisen dem Zuschauer rasch die Richtung.
Mehr über die Borgia-Verfilmung
Die Welt der Borgia (ZDF)International habe sich die Serie von Produzent und Autor Tom Fontana "total durchgesetzt", so der stoffführende Redakteur Wolfgang Feindt. Staffel zwei zeige nun die Reise dieser Familie aus dem Mittelalter in Richtung Renaissance, "aus dem Dunklen, Düsteren heraus, ins helle Licht". Und Produzent Jan Mojto begeistert sich, dass hier von Europa aus europäische Geschichte erzählt werde. Schließlich kommen nun historische Persönlichkeiten wie Savonarola, der als Ketzer auf dem Scheiterhaufen endete, Michelangelo und Machiavelli ins Spiel.
Prächtige Kulisse, Originalschauplätze
Tatsächlich verdient die Verfilmung der Fontana-Vorlage unter der Regie von Christoph Schrewe das Siegel "opulent". Hunderte Darsteller vor prächtiger Kulisse, teils an Originalschauplätzen in Italien, machen den "Denver-Clan der Renaissance" für Fans solcher Produktionen zum Muss. Vielleicht weckt das Drama bei manchem Zuschauer auch Interesse an der Beschäftigung mit historischen Fakten. Doch sieht die heutige Geschichtsschreibung die Rolle der Borgia-Familie weniger drastisch. So wird inzwischen angezweifelt, dass Lucrezia tatsächlich mit ihrem Bruder und ihrem Vater Inzest-Verhältnisse hatte. Ebenso steht ihre Rolle als Gattenmörderin stark infrage.
Auch in der zweiten Staffel lassen viel nackte Haut und brutale Gewaltszenen, wahlweise mit Dolch, Speer, Stier oder Strang, ob ihrer Häufigkeit fragen, ob sie die Geschichte voranbringen oder einfach nur effekthascherisch sind. Ebenso wirken die deutschen Dialoge eher hölzern. Doch hat das ZDF vorgesorgt: Wem das TV-Spektakel zu blutig oder auch zu langweilig sein sollte, findet auf der Internetseite www. (www.)borgia.zdf.de Ablenkung. Dort kann er in einem Quiz sein Wissen über die Borgia prüfen oder mit dem Selbsttest "Welcher Borgia sind Sie?" ermitteln, ob er "skrupelloser Kirchenfürst oder notorischer Frauenheld" ist. Dort werden sich zu gegebener Zeit sicher auch Informationen über Staffel drei finden. Denn die wird kommen, davon sind die Macher von "Borgia" überzeugt.
Von Sabine Kleyboldt (KNA)