Erste Messe nach Brand in Notre-Dame gefeiert
Genau zwei Monate nach dem verheerenden Brand in der Pariser Kathedrale Notre-Dame wurde dort an diesem Samstagabend erstmals wieder eine Heilige Messe gefeiert. Anlass ist das jährliche Fest der Altarweihe der Kathedrale. Am 15. April hatte ein Großbrand Teile der weltbekannten Kathedrale zerstört.
Die Messe wurde in einer kleinen, weitgehend unbeschädigten Seitenkapelle gefeiert. Geleitet wurde die Feier vom Pariser Erzbischof Michel Aupetit. Bei dem Gottesdienst waren etwa 30 Menschen anwesend, die Hälfte von ihnen Priester. Alle Teilnehmer, unter ihnen auch Bauarbeiter, mussten aus Sicherheitsgründen weiße Feuerwehrhelme tragen.
"Wir feiern heute mit großen Emotionen die Weihe der Kathedrale", sagte Aupetit zu Beginn. Normalerweise wären aus diesem Anlass große Mengen von Gläubigen anwesend. "Aber wir sind zutiefst glücklich, hier die Messe feiern zu können." Dies sei auch eine Botschaft der Hoffnung und der Dankbarkeit an alle, die betrübt seien über das, was der Kathedrale widerfahren sei, dem Zeichen der französischen Nation und des christlichen Glaubens, so der Erzbischof.
Er habe zahllose Botschaften des Mitgefühls aus der ganzen Welt erhalten, Kinder hätten Zeichnungen oder Gedichte geschickt. Auch für sie alle sei dies ein Zeichen: "Die Kathedrale ist noch am Leben". Der Wiederaufbau sei zu einem Gemeinschaftswerk von vielen geworden. Aupetit dankte allen für ihr Engagement, namentlich auch den Bauarbeitern.
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Aupetit sagte in seiner Predigt, die weltberühmte Kathedrale sei "aus dem Glauben unserer Vorfahren" und der christlichen Hoffnung geboren. Notre-Dame sei von Beginn an im Sinne der Nächstenliebe für alle offen gewesen; Arme und Ausgeschlossene hätten dort Schutz, Kranke im Hospiz "bedingungslose Aufnahme" gefunden, betonte der Erzbischof. Dabei zitierte er den berühmten Ausruf "Asyl, Asyl!" des Glöckners von Notre-Dame, Quasimodo, aus dem Roman von Victor Hugo.
Heute sei die Frage, ob sich die Christen für ihren Glauben und für Christus schämten. "Ja, diese Kathedrale ist eine Kultstätte, das ist ihr höchster und einzigartiger Zweck", hob Aupetit hervor. Er warnte davor, religiöse Praxis und Kultur ideologisch zu trennen. Dass "Kultur und Kult" zusammengehörten, sei schon von der Herkunft der Worte her zu erkennen. "Eine Kultur ohne Anbetung wird zur Unkultur", betonte der Erzbischof. Es gelte, eine herrschende "enorme religiöse Ignoranz unserer Zeitgenossen zu sehen". Sie wollten den Namen Gottes aus der Öffentlichkeit heraushalten und beriefen sich dabei auf einen Säkularismus, der jede sichtbare spirituelle Dimension ausschließe, so der Geistliche.
Erst ein Zehntel der zugesagten Spenden eingegangen
Unterdessen fließen die unmittelbar nach dem Brand zugesagten Spenden nur zögerlich, wie tagesschau.de berichtet. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte direkt nach der Katastrophe angekündigt, Notre-Dame innerhalb von fünf Jahren wieder aufbauen zu wollen, und um Beiträge geworben. Auch aus Deutschland hatte es eine Welle der Unterstützung gegeben.
Von den rund 850 Millionen Euro an angekündigten Geldern seien bisher erst 80 Millionen Euro, also nicht einmal zehn Prozent, eingegangen, sagte Frankreichs Kulturminister Franck Riester dem Fernsehsender France 2. Das bislang gezahlte Geld stammt Riester zufolge vor allem von Privatleuten. Noch nicht gezahlt hätten dagegen die Großspender. Darunter sind die französischen Milliardärsfamilien Arnault und Pinault, die Beträge in dreistelliger Millionenhöhe zugesagt hätten.
Dass die Großspender noch nicht gezahlt haben, sei "normal", so Riester. "Die Spenden werden nach und nach je nach Fortschritt der Bauarbeiten fließen." Derzeit würden Vereinbarungen mit den Spendern ausgearbeitet. Diese verlangen nach Angaben des Ministeriums detailliert Auskunft, wofür ihr Geld eingesetzt werden soll.
Nach Angaben des Kulturministers haben rund 350.000 Spender Geld zugesagt. Bei dem Brand Mitte April waren das Dach und der Spitzturm der gotischen Kathedrale zerstört worden. Seitdem dauern die Arbeiten zur Absicherung von Notre-Dame an.
Am Freitag hatten Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und die frühere Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner die Kathedrale besucht. "Ich bin tief betroffen von den Schäden und zugleich nachhaltig beeindruckt von der Tatkraft, mit der die Franzosen den Wiederaufbau angehen", erklärte Laschet, Bevollmächtigter der Bundesregierung für die deutsch-französische kulturelle Zusammenarbeit. Die Architektin und Kunsthistorikerin Schock-Werner war von der Bundesregierung nach dem Brand mit der Koordination der deutschen Hilfen beauftragt worden. (rom/KNA)