Scharfe Kritik am Messenger-Verbot

Erzbistum Freiburg verbietet WhatsApp – BDKJ: #whatsappthefuck?

Veröffentlicht am 29.11.2018 um 13:00 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Die Datenschützer sagen es schon lange, nun greift das Erzbistum Freiburg auch dienstrechtlich durch: Ab 1. Dezember gilt das WhatsApp-Verbot. Der BDKJ ist verärgert: "WhatsApp ist scheiße – aber aktuell unverzichtbar!"

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Die Erzdiözese Freiburg hat ihren Mitarbeitern untersagt, WhatsApp und andere nicht datenschutzkonforme Messenger-Dienste auf Smartphones zu benutzen, auf denen dienstliche Kontaktdaten gespeichert sind. Die Anweisung wurde mit Wirkung zum 1. Dezember im aktuellen Amtsblatt veröffentlicht. Die Beteiligung der Diözese an der auch über WhatsApp kommunizierenden Netzgemeinde da_zwischen sei dadurch nicht betroffen, bestätigte ein Sprecher der Erzdiözese gegenüber katholisch.de. Hierbei würden datensparsame Broadcastlisten verwendet und keine Nutzerdaten gespeichert.

Eine Nutzung datenschutzkonformer Messenger-Dienste ist ausdrücklich erlaubt. Empfohlen wird dazu seitens des Bistums der Schweizer Dienst Threema. Gegenüber katholisch.de sagte ein Sprecher der Erzdiözese, dass zum aktuellen Stand keine weiteren Messenger empfohlen werden. Derzeit würden Signal und Telegram geprüft, wobei es gegen diese beiden WhatsApp-Alternativen noch Bedenken gebe. Die Erzdiözese bietet ihren Mitarbeitern und Ehrenamtlichen eine Kostenerstattung für den Kauf der kostenpflichtigen App Threema an.

Scharfe Kritik aus den Jugendverbänden

Das Verbot ist beim Diözesanverband des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) auf scharfe Kritik gestoßen. Zwar teilt der Verband die Bedenken gegenüber WhatsApp, angesichts der fast flächendeckenden Verbreitung des Messengers sei er aber derzeit alternativlos: "WhatsApp ist scheiße – aber aktuell unverzichtbar!", bringt Diözesanleiter Paul Rögler die Position des Verbandes auf den Punkt. Die jährliche erscheinende JIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest stellt fest, dass 95 Prozent der Jugendlichen insgesamt WhatsApp mindestens mehrmals pro Woche nutzen, andere Messenger spielen kaum eine Rolle. Einer Studie des Branchenverbands bitkom zufolge nutzen 81 Prozent der deutschen Internetnutzer WhatsApp, Threema kommt auf eine Verbreitung von 4 Prozent.

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Rögler kritisiert in seiner Stellungnahme die aktuelle Stoßrichtung der kirchlichen Datenschützer: "Es gibt eine Diskrepanz zwischen dem, wie WhatsApp funktioniert und dem, was erlaubt ist." Um dem abzuhelfen, würde einseitig versucht werden, auf die Arbeitsweise der Praktiker in der Pastoral und Jugendarbeit Einfluss zu nehmen. "Ich vermisse Bemühungen, das Handeln von WhatsApp zu beeinflussen", so der Diözesanleiter weiter. Er betont, dass datenschutzkonforme Messenger-Dienste technisch möglich wären. "WhatsApp will das nur nicht. Wahrscheinlich, weil der Druck noch nicht ausreicht."

BDKJ will Engagement der Datenschützer gegen Unternehmen, nicht Nutzer

Für die Praxis befürchtet Rögler, dass die Jugendarbeit unter einem tatsächlich eingehaltenen WhatsApp-Verbot leiden würde; Hauptamtliche könnten nicht mehr in einem jugendgemäßen Medium mit Jugendlichen kommunizieren: "Sie sind weniger gut als Personales Angebot im Sinne der Würzburger Synode greifbar und bauen eine gewisse Distanz auf." Rögler rechnet damit, dass das Verbot kaum durchzusetzen sei und durch die Nutzung privater Geräte umgangen wird.

Während der BDKJ unter dem Hashtag "#whatsappthefuck" seine Kritik äußert, stellt die Erzdiözese mit dem Hashtag "#sichervernetzt" praktische Tipps zur Nutzung datenschutzkonformer Messenger-Dienste zur Verfügung. Dazu empfiehlt das Bistum vier Schritte: Aufklären, Alternativen vorstellen, auf Solidarität setzen und Kostenerstattung anbieten. Hauptamtliche werden dabei ermutigt, mit Jugendlichen die datenschutzrechtliche Problematik des zu Facebook gehörenden Dienstes WhatsApp medienpädagogisch zu erarbeiten. Außerdem sollen sie auf Gruppensolidarität setzen: "Ich als Hauptamtlicher darf dienstlich nicht mehr mit WhatsApp kommunizieren und würde mich freuen, wenn wir künftig einen erlaubten Messenger nutzen dürfen."

Die Konferenz der Diözesandatenschützer, in der sich die kirchlichen Datenschutz-Aufsichtsbehörden zusammenschließen, hatte bereits 2017 die Nutzung von WhatsApp als nicht rechtskonform betrachtet. In einem neuen Beschluss nach Inkrafttreten des Gesetzes über den kirchlichen Datenschutz (KDG) im Mai hatte die Konferenz allgemeine Kriterien für Messenger-Dienste in der Kirche benannt, ohne konkrete Dienste zu bewerten. WhatsApp erfüllt diese Kriterien vor allem wegen der standardmäßigen Übertragung des kompletten Telefonbuchs des Nutzers an die Server des zu Facebook gehörenden Unternehmens nicht. Im November hatte auch der Datenschutzbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland eine Kriterienliste vorgelegt; darin wird ausdrücklich von WhatsApp abgeraten, während gegen Threema keine Bedenken bestehen. (fxn)

Linktipp: Besserer Datenschutz oder bürokratisches Monster?

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