Gegen Pflichtzölibat und für "Neubewertung" der Homosexualität
Der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz plädiert für eine Lockerung des Pflichtzölibats für Priester. "Weltpriester sollten frei entscheiden dürfen, ob sie den Zölibat wählen oder nicht", sagte zu Eltz am Freitag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Frankfurt. Dies wäre nach seiner Ansicht eine der nötigen Reformen, die die katholische Kirche nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der Missbrauchsstudie angehen sollte.
Zu Beginn dieser Woche hatten die deutschen Bischöfe als Konsequenz aus der Studie zum sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Priester mehrere Projekte beschlossen. Bis zur nächsten Sitzung ihres Ständigen Rats wollen sie unter anderem einen Arbeitsplan erarbeiten, um mit Fachleuten verschiedener Disziplinen die zölibatäre Lebensform der Priester und Aspekte der katholischen Sexualmoral zu überdenken.
Zu Eltz sprach sich weiter für eine stärkere Rolle von Frauen in kirchlichen Ämtern aus. "Das nächste wäre die Weihe von Diakoninnen und ein ergebnisoffenes Gespräch über weitere Weihestufen", sagte zu Eltz. Er forderte zudem den "raschen Aufbau von Gewaltenteilung in der Kirche, ohne dabei die biblisch begründete Vollmacht der Bischöfe zu mindern". Der 61-jährige Priester ist der höchstrangige Vertreter der katholischen Kirche in der Mainmetropole.
"Dieses ganze Unwesen gehört in die Tonne getreten"
Der Frankfurter Stadtdekan forderte auch eine "Neubewertung der Homosexualität anhand von humanwissenschaftlichen und exegetischen Erkenntnissen". Der Katechismus bewerte die homosexuelle Veranlagung als "ungeordnet" und verurteile homosexuelle Akte als in sich schlecht. "Das gibt den Betroffenen das Gefühl, dass sie nichts richtig machen können, und treibt sie weg von der Kirche", so der Stadtdekan weiter: "Weil sie uns dann nicht mehr abnehmen, was unsere Sonntagsrede ist: Dass jeder Mensch von Gott geliebt wird."
Zu Eltz kritisierte mit Blick auf den Konflikt um den Frankfurter Jesuiten und Hochschulrektor Ansgar Wucherpfennig auch das Verfahren zur Erteilung der vatikanischen Unbedenklichkeitserklärung ("Nihil obstat"). "Der Fall Wucherpfennig zeigt, dass es für diese auf Denunziationen aufbauenden Geheimverfahren überhaupt keinen Platz mehr geben kann, weder in Deutschland noch sonst irgendwo auf der Welt", betonte zu Eltz: "Dieses ganze Unwesen gehört in die Tonne getreten."
Zu Eltz äußerte sich auch zur Debatte um den Kommunionempfang für nichtkatholische Ehepartner. Aus seiner Sicht sehen manche katholischen Bischöfe zu wenig die Gefühle evangelischer Christen: "Ich weiß, wie hart evangelische Christen getroffen werden von der Ausladung bei der Kommunion. Sie sind so verletzt! Die Verweigerung des Leibes Christi, zu dem sie kraft der Taufe gehören, ist ein Stich ins Herz." (tmg/KNA)