"Heilsame Irritation" durch neue Einheitsübersetzung
Der Vorsitzende des Katholischen Bibelwerks, Michael Theobald, verteidigt die neue Einheitsübersetzung. In der Herder-Korrespondenz (Januar) reagiert der Theologe auf die Kritik des Jesuiten Klaus Mertes, die dieser in derselben Zeitschrift geäußert hatte. Ziel der neuen Übersetzung sei es gewesen, durch "größere Urtext-Nähe neugierig" zu machen, außerdem wolle man die Leser "zu eigenen Entdeckungsreisen ermuntern", so Theobald. Die durch ungewohnte Formulierungen entstehenden Irritationen seien "heilsam" und führten zu "vertieftem Nachdenken".
Mertes hatte besonders die Eignung der neuen Übersetzung für den gottesdienstlichen Gebrauch bezweifelt und eine Rücknahme der Übersetzung gefordert. Neben der Übersetzung der Psalmen hatte sich der Jesuit an Zitaten des Alten Testaments im Neuen Testament gestört. Diese werden teilweise anders als an ihrer Quelle übersetzt werden, was sie "zumal für Laien-Ohren [...] als Zitate schwerer erkenntlich" mache.
Näher am Urtext
Tatsächlich klängen einige Psalmen in der neuen Einheitsübersetzung "rauer und verlangen nach Betern, denen die Worte nicht einfach über die Lippen gleiten", entgegnet Theobald, der selbst an der Revision der Einheitsübersetzung beteiligt war. Dies sei einer textnäheren Übersetzung geschuldet. Den Anspruch, dass Zitate aus dem Alten Testament im Neuen wortgleich übersetzt werden müssten, weist er zurück: "Immer noch geistert in den Köpfen die Vorstellung herum, Altes und Neues Testament griffen wie Verheißung und Erfüllung bruchlos ineinander." Stattdessen verdeutliche die jeweils eigenständige Übersetzung, dass erst der "christliche Standort" die Stellen des Alten Testaments hin auf Christus deuten lasse, "nicht umgekehrt, als hätten die Propheten schon immer auf Christus vorausverwiesen (und die Juden sie nur nicht verstanden)."
Der emeritierte Professor für Neues Testament Theobald hofft darauf, "dass die neue Einheitsübersetzung die Kraft besitzt, der Erneuerung in allen Lebensbereichen der Menschen und der Kirche zu dienen". (fxn)