Theologin kritisiert bayerischen Ministerpräsidenten

Käßmann für kirchliches Scheidungsritual

Veröffentlicht am 01.07.2018 um 09:28 Uhr – Lesedauer: 
Evangelische Kirche

Berlin ‐ Die Kirche müsse sich mehr um Geschiedene kümmern, glaubt Margot Käßmann. Daher fordert sie ein kirchliches Scheidungsritual - vielleicht sogar mit Rückgabe der Ringe am Altar.

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Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, hat ein kirchliches Scheidungsritual gefordert. Sie wünsche sich einen anderen Umgang der evangelischen Kirche mit Paaren, die sich scheiden lassen, sagte sie am Samstag den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "In der Kirche könnten wir zeigen, dass Paare friedlich auseinandergehen können. Vielleicht legen die Ehepartner sogar die Ringe zurück auf den Altar", so Käßmann.

Die Theologin, die sich gestern in den Ruhestand verabschiedet hatte und zuletzt Botschafterin ihrer Kirche für das Reformationsjahr war, kritisierte, dass die Kirche sich nicht genug um Geschiedene kümmere. "Die Kirche bietet einen tollen Rahmen für herrliche Hochzeiten. Aber wo sind die Gottesdienste für diejenigen, die in Scheidung leben? Da hat Kirche auch eine Verantwortung", sagte die 60-Jährige. Auch für Kinder sei ein solches Ritual wichtig. "Ich sehe, wie Kinder leiden, wenn die Eltern gegeneinander kämpfen. Die Kirche kann hier Frieden stiften." Käßmann begründet diese Sicht auch mit eigenen Erlebnissen: "Nach der Scheidung hatte ich ein schlimmes halbes Jahr. Es war ein Spießrutenlauf."

Die Theologin erklärte zudem, sie halte die Diskussion um Flüchtlinge in Deutschland für "nicht christlich". "Herr Söder sollte sich als evangelischer Christ sehr gut überlegen, was solch ein Begriff wie Asyltourismus für seinen christlichen Glauben bedeutet. Er will überall in Behörden in Bayern Kreuze aufhängen, spricht aber von Asyltourismus, das passt nicht zusammen." In der Bibel stehe, "den Fremden, der vor der Tür steht, sollt ihr aufnehmen. Gleichzeitig bin ich dafür, Gesetze anzuwenden", sagte Käßmann und ergänzte: "Dass ein Mensch sich aufmacht und sein Leben und das seiner Familie riskiert, um in Frieden und Freiheit leben zu können, ist kein Tourismus. Wenn Politiker wie Markus Söder so sprechen, dann ist das verantwortungslos." (rom/KNA)