Kardinal Müller kritisiert Pläne zur Kurienreform
Kritik an der Kurienreform im Vatikan übt der ehemalige Leiter der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. "In dem vorliegenden Entwurf zur 'Römischen Kurie und ihrem Dienst an der Kirche in der Welt von heute' ist kein schlüssiges Konzept von Ursprung, Wesen und Sendung der Kirche erkennbar", sagte Müller in einem Interview der "Passauer Neuen Presse" (Montag). Der Kurs schwanke zwischen "einer Spiritualisierung der geforderten Gesinnung aller Kurienmitarbeiter" und "einer verweltlichten Konzeption von Kirche, die wie ein internationaler Konzern geführt werden soll".
Müllers fünfjährige Amtszeit als Präfekt der Glaubenskongregation war im Juli 2017 nicht verlängert worden. Seitdem ist er auch nicht mehr Vorsitzender der Internationalen Theologenkommission im Vatikan.
Der von Papst Franziskus einberufene Kardinalsrat hatte im vergangenen Monat die inhaltlichen Arbeiten für die Apostolische Konstitution abgeschlossen. Das Papier soll Aufgaben und Struktur der zentralen Verwaltung der katholischen Kirche neu regeln. Dem Vernehmen nach ist eine stärkere Ausrichtung auf die Glaubensverkündigung geplant.
Im Interview sprach Müller von einer "planlosen Aneinanderreihung von 16 Ministerien, die irgendwie im Dienst des Papstes, der Einzelbischöfe und der Bischofskonferenzen stehen". Statt sich deutlicher am Kirchenbegriff des Zweiten Vatikanischen Konzils zu orientieren, bleibe "die Kurie in einem ortlosen Schwebezustand, weil sie nicht mehr eindeutig dem Dienst des Papstes für die Universalkirche zugeordnet" werde.
Subjektive Einzelideen, fromme Wünsche...
"Es handelt sich bei dieser Skizze für eine künftige 'Apostolische Konstitution' um ein Konglomerat von subjektiven Einzelideen, frommen Wünschen, moralischen Appellen mit einzelnen Zitaten aus Konzilstexten und Verlautbarungen des derzeitigen Papstes", so der Kardinal weiter. Vor allem werde nicht klar unterschieden zwischen den weltlichen Einrichtungen des Vatikan als souveräner Staat, dem Heiligen Stuhl als Völkerrechtssubjekt und der rein kirchlichen Begründung des Primates des Papstes. Dieser sei "als Bischof von Rom in der Nachfolge des Apostels Petrus sichtbares Prinzip und Fundament der Einheit aller bischöflich verfassten Ortskirchen im geoffenbarten Glauben".
Insbesondere bei den Ausführungen zur Glaubenskongregation zeige sich "eine erschütternde theologische Ahnungslosigkeit der Verfasser dieses Abschnitts", so der Kardinal. "Grundbegriffe der katholischen Theologie wie Offenbarung, Evangelium, Heilige Schrift, Apostolische Tradition oder kirchliches Lehramt werden falsch oder schief verwendet." Es bleibe zu hoffen, "dass dieser Abschnitt von einem ausgewiesenen Theologen und Kanonisten von Grund auf neu formuliert wird".
Der Entwurf wird derzeit von den Bischofskonferenzen, den Oberen großer Ordensgemeinschaften, Kurienchefs und einzelnen Universitäten geprüft. Deren Antworten gehen an den Kardinalsrat zurück und sollen nach dem Willen des Papstes in der endgültigen Fassung berücksichtigt werden. Mit der Veröffentlichung der Konstitution mit dem Arbeitstitel "Praedicate evangelium" (Verkündet das Evangelium) wird bis Ende des Jahres gerechnet. (KNA)