Debatte um Missbrauch und Homosexualität

Kardinal Müller wirft Jesuit Mertes "besinnungslosen Zorn" vor

Veröffentlicht am 26.11.2018 um 09:14 Uhr – Lesedauer: 

Passau ‐ Der Jesuit Klaus Mertes hatte scharfe Kritik an Aussagen Kardinal Gerhard Ludwig Müllers geübt. Jetzt schlägt der Ex-Glaubenspräfekt zurück: Mertes fehle es an Sachkenntnis und Urteilskraft in der Missbrauchsdebatte. Das Wort Gottes verkehre er ins Gegenteil.

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Heftiger Streit zwischen zwei prominenten Kirchenmännern: In der Debatte um sexuellen Missbrauch und Homosexualität weist Kardinal Gerhard Ludwig Müller die scharfe Kritik von Jesuitenpater Klaus Mertes an ihm als "dreiste Beschimpfungen" zurück. Diese habe "besinnungsloser Zorn" dem Direktor des Jesuitengymnasiums Sankt Blasien eingegeben, sagte Müller der "Passauer Neuen Presse" (Montag).

Zugleich sprach der frühere Präfekt der Römischen Glaubenskongregation Mertes "Sachkenntnis und Urteilskraft" ab. Der Jesuit, der 2010 die ersten Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg publik gemacht hatte, gebe sich "zu Unrecht als Experte in Sachen sexueller Missbrauch von Jugendlichen aus". Mertes hatte unter anderem am Wochenende bei der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) über das Thema referiert.

Mertes kann Wort Gottes nicht ins Gegenteil verkehren

Dagegen handle die Glaubenskongregation auf einer wirklichen Datenbasis, so Müller weiter. Er hielt Mertes vor, es sei "einfach nur infam, die sexuellen Verbrechen an Teenagern und jungen Erwachsenen für kirchenpolitische Ziele zu benutzen". Offenbar kenne der Jesuitenpater nicht "die biblische Lehre zu homosexuellen Handlungen und zur absoluten Verwerflichkeit der Schändung von Heranwachsenden". Müller fügte hinzu: "So wenig man eine Schreibmaschine zu einem Klavier weiterentwickeln kann", so wenig vermöge Mertes, "das Wort Gottes in das Gegenteil zu verkehren".

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Video: © katholisch.de

Homosexualität und Atheismus: Für Kardinal Gerhard Ludwig Müller sind das die beiden Auslöser für die aktuelle Krise der Kirche. Der Jesuit Klaus Mertes nennt dessen Aussagen "unglaublich dreist" - und gibt Müller und "Seinesgleichen" einen Tipp für die Zukunft.

Im Interview mit katholisch.de hatte Mertes Aussagen Müllers zur Kirchenkrise als "zum Dogma geronnene klerikale Dünkel" kritisiert. Dieser Dünkel sei ein Schlüssel zum Gesamtproblem Missbrauch. Auch die Aussage des früheren Glaubenspräfekten, dass die Kirche wegen der Missbrauchsfälle ihr Nein zur praktizierten Homosexualität bekräftigen müsse, bemängelte der Jesuit. Es gebe eine Fraktion, die Homosexuellen die Schuld an der Krise geben wolle. Die Aussagen Müllers seien "unglaublich dreist" und "abgründig falsch".

Müller hatte am Mittwoch im Interview der kanadischen Internetseite LifeSite-News unter anderem gesagt, im Hinblick auf die Missbrauchsfälle müsse sich die Kirche mit der praktizierten Homosexualität in den Reihen des Klerus befassen. Die Sexualmoral der Kirche dürfe durch die weltliche Akzeptanz von Homosexualität nicht relativiert werden. Es sei Teil der Krise, "dass man die wahren Ursachen nicht sehen will und sie mit Propagandasätzen der Homo-Lobby vertuscht". Weiter sagte Müller, die Causa Ansgar Wucherpfennig sei ein Beispiel für das Eindringen des Atheismus in die Kirche. Der Fall zeige, wie die Kirche "ihre eigene Autorität untergräbt" und wie die "klare Expertise" der vatikanischen Glaubenskongregation verdrängt werde. "Wenn dieser Priester den Segen homosexueller Beziehungen als das Ergebnis einer Weiterentwicklung der Lehre bezeichnet, an der er weiterhin arbeitet, bedeutet dies nichts anderes als die Anwesenheit des Atheismus im Christentum", so der Kardinal. (tmg/KNA)