Kohlgraf stellt kirchliche Machtansprüche in Frage
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat zum Jahreswechsel eine Selbstbeschränkung kirchlicher Machtansprüche angemahnt. "Es stellt sich heute deutlich neu die Frage nach der Macht und der Verantwortung der Bischöfe und der kirchlichen Amtsträger", schreibt Kohlgraf in einem Gastbeitrag für den "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag). Bei einigen diskutierten Themen stünden sich Parteien in der Kirche manchmal unversöhnlich gegenüber. "Im Kern geht es auch um die Frage, ob wir eigenständige Gewissensentscheidungen von Menschen unterstützen und damit den Menschen zugestehen, mit Hilfe des Wortes Gottes und auch mit Hilfe seelsorglicher Begleitung zu eigenen Entscheidungen zu kommen - oder ob wir im letzten die Deutungshoheit beanspruchen, der sich die anderen Menschen dann einfügen."
Auch persönlich Macht- und Hilflosigkeit gespürt
Angesichts mancher Themen und Erfahrungen der letzten Monate habe er auch persönlich oft mehr Macht- und Hilflosigkeit gespürt, als dass er "über Machtausübung nachgedacht" hätte. "Das Thema sexualisierter Gewalt in der Kirche und der Umgang mit anderen Fragen stellen auch meinen persönlichen Glauben auf den Prüfstand. Die menschliche und dunkle Seite der Kirche habe ich nie so hautnah erlebt wie in den Monaten als Bischof", schreibt Kohlgraf, der 2017 die Nachfolge von Kardinal Karl Lehmann an der Spitze des Bistums Mainz antrat.
Der frühere Theologieprofessor warnte eindringlich davor, die Kirche mit Christus gleichzusetzen. Dann nämlich werde sie unangreifbar; ihre Amtsträger seien jeder Kritik enthoben, da sie schließlich Christus selbst repräsentierten. "Ich spüre deutlich, dass wir das nicht mehr einfach so sagen können", betonte Kohlgraf. (KNA)